Dr. Peter Lock
European Association for Research on Transformation e.V.

Weiterentwicklung waffentechnischer Normen zur Erhöhung der Sicherheit

Die Geschichte des Automobils ist zugleich auch die Geschichte seiner Versicherheitlichung durch fortlaufende Weitentwicklung bindender technischer Normen und Verbesserungen der Verkehrswege. Häufig mussten Neuerungen zur Verbesserung der Sicherheit vom Gesetzgeber gegen den Widerstand sowohl der Automobilindustrie als auch der Nutzer durchgesetzt werden. Beispiele hierfür sind die Einführung der Gurtpflicht einerseits und des Katalysators andererseits. Sie haben den Prozess der zunehmenden Versicherheitlichung des Automobils vorangetrieben. Im Vergleich zum Automobil wurden die Möglichkeiten der Versicherheitlichung von Schusswaffen bislang vom Gesetzgeber sträflich vernachlässigt. Ursächlich hierfür dürften die Widerstände der Waffenindustrie und Waffenenthusiasten sein. Ferner ist die Schadenssumme bei Schusswaffen gegenüber dem Straßenverkehr volkswirtschaftlich von geringerer Tragweite. Dennoch sollte der Gesetzgeber auch bei Schusswaffen aktiv werden und die mit verhältnismäßigen Mitteln mögliche Versicherheitlichung durch gesetzliche Normenvorgaben vorantreiben.

Der größte Sicherheitsgewinn würde mit hoher Wahrscheinlichkeit durch gesetzliche Pflicht zur biometrischen Sicherung von Schusswaffen erreicht werden. Für Polizisten würde zum Beispiel das Risiko entfallen, bei der Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Aufgaben, Gefahr zu laufen, die Kontrolle über ihre Schusswaffe zu verlieren und mit ihr dann bedroht zu werden.

Einerseits werden biometrische Sicherungen in Fachzeitschriften von verschiedenen Herstellern angeboten, andererseits behaupten Politiker, dass frühestens in zehn Jahren mit entsprechenden Technologien zu rechnen sei. Angesichts der enormen Minderung des Risikos missbräuchlicher Verwendung von Schusswaffen, wenn nur der legale Besitzer mittels seines biometrischen Merkmals mit seiner Waffe schießen kann, muss Druck auf die Politik dahingehend ausgeübt werden, dass biometrische Sicherungen für Schusswaffen, gegebenenfalls mit staatlichen Forschungsmitteln, schnellstmöglich zu einem selbstverständlichen integralen Bestandteil von Schusswaffen entwickelt und gesetzlich vorgeschrieben werden. Für einen massiven Einsatz von Forschungsmitteln spricht die herausragende Stellung der deutschen Kleinwaffenhersteller auf den Märkten der Welt, die bei einem Technologievorsprung auf dem Gebiet der Waffensicherung ihre Marktposition halten bzw. ausbauen könnten. Leider verhalten sich die Waffenhersteller, wie es die deutsche Automobilindustrie wiederholt in der Vergangenheit zum eigenen Nachteil getan hat, zuletzt bei Rußfiltern für Dieselfahrzeuge: Sie versuchen, derartige Innovationen zu blockieren.

Zu langfristigen Strategien der Einhegung der Risiken des Missbrauchs von Schusswaffen gehören Überlegungen mit dem Ziel, durch obligatorische Normierung der Kaliber, Schusswaffen für hoheitliche Aufgaben (Polizei und Militär) von Sport- und Jagdwaffen eindeutig zu trennen. Dies hätte den Vorteil, dass die Munitionslogistik klar getrennt würde, und es würde nach erfolgter vollständiger Umstellung kriminalistische Ermittlungen erheblich erleichtern. Eine Gesetzgebung zur Trennung der Kaliber zwischen hoheitlichen Waffen und privaten Waffen erfordert allerdings sehr lange Übergangsfristen und Koordination zumindest auf europäischer Ebene.

Weiterhin gibt es viele Gründe, großkalibrige Handfeuerwaffen und besonders durchschlagsfähige Munition als Kriegswaffen zu klassifizieren und sie damit aus dem Sortiment der Waffen zu nehmen, die auf der Grundlage einer Waffenbesitzkarte erworben werden können. Für einen solchen Schritt spricht, dass er ein Beitrag zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit und der Sicherheit staatlicher Hoheitsträger, vor allem der Polizei, wäre. Er würde wirklich legitime Anliegen des Schießsportes nicht beeinträchtigen, weil diese Waffen weder bei olympischen Wettbewerben oder sonstigen bedeutenden sportlichen Wettbewerben Verwendung finden.

Peter Lock