Dr. Peter Lock
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letzte Änderung:03.01.2011
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Kriegsökonomien und Schattenglobalisierung[1]

Stand der Debatte

Seit Mitte der neunziger Jahre richtet sich sozialwissenschaftliche Aufmerksamkeit zunehmend auf die ökonomischen Parameter von Kriegen. Die Pionierarbeit auf diesem Gebiet war ein französicher Sammelband mit dem Titel  "Ökonomie der Bürgerkriege"[2] aus dem Jahr 1996. Allerdings haben diese profunden Fallstudien keinen Eingang in etwas später einsetzende angelsächsische Diskussion gefunden. Dort entwickelte sich die Diskussion hauptsächlich in der Auseinandersetzung mit Arbeiten von Collier für die Weltbank, der auf der Grundlage von statistisch vergleichenden Untersuchungen die vorherrschende Konzentration auf ethnische Identität und Nationalismen als Konfliktursache kritisierte. Zu seinen Befunden gehörte u.a. ein Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von exportfähigen Rohstoffen und der Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konfliktes.

Die Debatte wird unter den Stichwörtern Neid oder Missstände geführt. Im angelsächsischen Raum, wozu sozialwissenschaftlich das PRIO (Peace Research Institute Oslo) und das Journal of Peace Research gehören, dominieren Arbeiten auf der Grundlage elaborierter statistischer Verfahren, die das Ereignis Krieg auf Zusammenhänge mit einem breiten Spektrum von sozio-ökonomischen Faktoren testen. Die Kategorien Staat und Krieg werden bei diesen Forschungen nicht in Frage gestellt, obwohl es viele Fakten gibt, die gegen die angenommene einfache Dichotomie Krieg und Nichtkrieg in der Einheit Staat spricht. So ist zuverlässig belegt, dass bewaffnete Konflikte in die betreffende Region ausstrahlen und dort die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen. Daher kann die Messung von Unterschieden zwischen Staaten, die einen bewaffneten Konflikt führen und jenen, die nicht als kriegsführend klassifiziert sind, nicht die unterstellte Merkmalsdichotomie widerspiegeln. Ebenso gravierend ist der Sachverhalt, dass Kriege der Gegenwart mit dem Abtauchen großer Teile des Wirtschaftsgeschehens in transnationale schattenökonomische Netzwerke verknüpft sind. Daher dürften die offizielle generierten Daten nur in sehr beschränktem Maße die Dynamik der gesamten gesellschaftlichen Reproduktion abbilden, was die Resultate statistisch vergleichender Untersuchungen stark relativiert. Abweichend vom angelsächsischen "mainstream" hat Frances Stewart zahlreiche Beiträge geliefert, die die Analysen der französischen Debatte weiterentwickelt haben. Insbesondere ihr Hinweis auf die Bedeutung von horizontaler Ungleichheit für die Eskalation von innergesellschaftlichen Konflikten hin zu bewaffnetem Austrag hat sich als sehr belastbar erwiesen[3].

Die breit geführte Diskussion um "neue Kriege" hat auch in Deutschland den Blick auf das oft diffus erscheinende Gewaltgeschehen und dessen Rahmebedingungen gelenkt. Jedoch konzentriert sich diese Debatte vor allem auf Länder deren Gewaltgeschehen, von der empirischen Politikwissenschaft als Krieg registriert wird. Mit der Kennzeichnung "neue Kriege"[4] wird auf einen offensichtlichen Wandel der Art und Weise verwiesen, wie Kriege ausgetragen werden. Jedoch bleiben Kriege definitorisch eine Angelegenheit von Staaten oder um einen Staat. Gleichzeitig ist aber die Welt zunehmend davon geprägt, dass die wesentliche Substanz von Staatlichkeit, die Fähigkeit öffentliche Güter wie Recht, Bildung oder Sicherheit bereitzustellen, weiter abnimmt. Dies gilt vor allem, aber nicht nur, für die Dritte Welt. Als Folge hat die überwiegende Zahl der Staaten längst die Fähigkeit verloren, militärische Landesverteidigung zu organisieren oder zwischenstaatliche Kriege zu führen. Es fehlt immer mehr Staaten an den wirtschaftlichen Voraussetzungen bzw. einem hinreichenden Steueraufkommen zur Vorhaltung handlungsfähiger Streitkräfte[5]. In der Politikwissenschaft spricht man von gescheiterten oder scheiternden Staaten. In vielen Ländern verschwinden die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Reproduktion von Staatlichkeit in seiner wohlfahrtsstaatlichen europäischen Form.

Diesem Text liegt daher eine andere Vorgehensweise zugrunde. Zunächst werden die Entwicklungslinien der gegenwärtigen Weltwirtschaft unter neoliberaler Regulierung skizziert, die sich vor allem durch eine symbiotische Dynamik von Globalisierung und Schattenglobalisierung[6] auszeichnet. "Kriegsökonomien" fungieren in diesem Rahmen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Dynamik der von weltweiten Finanzströmen angetriebenen Globalisierung à la IWF komplementär ebenso dynamische Netzwerke jenseits staatlicher Regulation hervorbringt, die als Schattenglobalisierung bezeichnet werden. Mit Hilfe einer heuristischen Dreiteilung des globalen ökonomischen Geschehens lässt sich die Entwicklung transparent machen und im Hinblick auf die Ausdifferenzierung verschiedener Formen bewaffneter Gewalt bewerten.

Drei Sphären der Weltwirtschaft

Die Lebenssphären der Hälfte der Weltgesellschaft sind von Unsicherheit gekennzeichnet. Sie sind nur mittelbar Teil der regulären Weltwirtschaft. Diese Menschen haben keinen angemessenen Zugang zu öffentlichen Gütern, wie Sicherheit, Schulbildung und Schutz durch Recht. In diesem Zustand spiegelt sich ein tiefgreifender sozialer Wandel in der Weltgesellschaft. Er wird bei Fortschreibung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen aufgrund der demographischen Gegebeneheiten seinen Höhepunkt erst in zwei oder drei Jahrzehnten erreichen. Diese schattenökonomisch geprägten Lebensräume liegen weitgehend außerhalb der Reichweite staatlicher Ordnungsmacht und entwickeln ihre eigenen Gewaltordnungen. Ihrerseits fungieren sie zunehmend als dynamische transnationale Netzwerke, die gegen Kontrolle von außen weitgehend resistent sind, besonders dann, wenn sie sich auf eine breit gestreute Diaspora von jeweiligen Identitätsgruppen stützen.

Diese Netzwerke sind auch Teil unserer Lebenswirklichkeit. Das breite, alle regulären Preise unterbietende Angebot von informellen Dienstleistungen und illegalen Transfers ist längst selbstverständlicher Teil unseres Alltags und erhöht unseren Lebensstandard. Ortsgebundene Dienstleistungen illegaler Migrantinnen sind zu einer beinahe selbstverständlichen Voraussetzung moderner Lebensführung geworden, die es vor allem qualifizierten Frauen ermöglicht, Beruf und Familie gleichzeitig zu organisieren. Die Ortsgebundenheit der Nachfrage hat zu einer Feminisierung legaler und illegaler Migration[7] geführt, während die Nachfrage nach unqualifizierten männlichen Migranten eher stagniert.

Im Schatten neoliberaler Regulierung der Weltwirtschaft, der Öffnung von Märkten und monetärer Deregulierung haben sich viele rasch wachsende, außerordentlich flexible ökonomische Sphären entfaltet, die man aufgrund ihrer Reichweiten als Schattenglobalisierung bezeichnen kann. Sie ist omnipräsent, aber von permanenten Tauschbeziehungen mit der regulären Ökonomie abhängig. Augenfällig wird dies am Beispiel der Transaktionsketten im Handel mit illegalen Drogen, die vom armen indianischen Anbauer bis zum Börsenmakler an der Wall Street[8] reichen. Bei der Herausbildung dieser Strukturen spielten zunächst Drogen eine Schrittmacherrolle. Inzwischen gibt es kaum mehr ein volkswirtschaftliches Segment[9], in das keine schattenökonomischen Waren- und Dienstleistungsströme reichen.

Mit einem vereinfachten Schema der Weltwirtschaft lassen sich diese komplexen globalen Interaktionen beleuchten, die auch Kriegsökonomien material mit unseren individuellen Lebenssphären verbinden. Dieses Modell geht von drei asymmetrisch interagierenden Sphären aus, die sich in unterschiedlichen Mengenverhältnissen in allen Volkswirtschaften identifizieren lassen. Hierdurch werden vor allem werden die Lebenswelten der ausgeschlossenen Hälfte der Weltgesellschaft jenseits von Staatlichkeit und neoliberalen Wachstumsapologien in das ökonomische Bild der Weltwirtschaft einbezogen. Ebenso wird die diffuse Ausbreitung von Gewaltstrukturen und das Auftreten von bewaffneten Konflikten in der gegenwärtigen Phase nachvollziehbar.

Die reguläre Sphäre der globalen Ökonomie ist durch rechtliche Ordnungen gekennzeichnet, die Transaktionen für alle Marktteilnehmer berechenbar machen. Es besteht ein Sozialkontrakt aufgrund dessen Steuern zur Reproduktion von Staatlichkeit gezahlt werden. Allerdings nimmt die Steuerleistung als Folge weltweiter Standortkonkurrenz teilweise stark ab. Die Wachstumsraten der regulären Ökonomien halten global nicht Schritt mit dem Wachstum der Weltbevölkerung im erwerbsfähigen Alter und der sich daraus ergebenden zusätzlichen Nachfrage nach Arbeit.

Die reguläre Ökonomie fungiert jedoch keineswegs isoliert. Es findet ein massiver, aber ungleicher Tausch mit den in die Informalität verbannten Menschen statt, am sichtbarsten mit illegalen Dienstleistungen. Die inzwischen allgemeine Akzeptanz dieser Schwarzarbeit, bei der Migrantinnen eine große, stetig wachsende Rolle spielen, hebt weltweit den Wohlstand in der regulären Sphäre. Die betroffenen Frauen leben und arbeiten in einem weitgehend rechtsfreien Raum oder unterliegen diskriminierender staatlicher Regulierung[10]. Alle regulären Ökonomien sind an ihren Rändern auch für Korruption und profitable, aber wirtschaftskriminelle Transaktionen weit offen. Der überwiegende Teil der Nachfrage nach illegalen Drogen markiert einen Transfer regulärer Einkommen von mehreren hundert Milliarden Dollar in diesen kriminellen Sektor, der von dieser symbiotischen Tauschbeziehung lebt.

In den informellen Sphären der Wirtschaft gelten rechtsstaatliche Regeln nur sehr begrenzt, die Versorgung mit öffentlichen Gütern, darunter Sicherheit, erfolgt unzureichend bis überhaupt nicht. Akteure, die unkontrolliert Gewalt anwenden und so mit einiger Glaubwürdigkeit drohen können, konkurrieren mit rudimentären Ansätzen kommunitärer Selbstorganisation, um das lokale territoriale Gewaltmonopol. Die Bildung und Verstärkung von Identitätsgruppen (Klan, Herkunftsort, Religion bzw. Sekten, Ethnie, Jugendbanden u.a.m.) als Überlebensressource transformieren die informellen Sphären zu einem Konglomerat von oft hermetisch voneinander abgeschotteten sozialen Zellen. Die Beteiligung an der Reproduktion von Staatlichkeit durch Zahlung von Steuern ist denkbar gering. Dem entspricht, dass diese Bevölkerungsmehrheit völlig unzureichend mit öffentlichen Gütern, wie Schulen, Gesundheit und Infrastrukturen, versorgt wird. Denn es gilt, ohne Steuern kein Staat und ohne Staat keine öffentlichen Güter. Außerhalb der Reichweite von Rechtsstaatlichkeit angesiedelt sind diese Menschen sogar permanent gefährdet, von gewaltkriminellen Akteuren kontrolliert und ausgebeutet zu werden. In vielen segmentierten Gesellschaften wird Armut von der Polizei kriminalisiert wird. Die Bewohner der Armutsgürtel von Megastädten werden als gewalttätige Akteure und Gefahr wahrgenommen[11].

Schließlich die kriminelle Sphäre, die sich im Windschatten von Marktöffnung und Globalisierung zu expandierenden, transnational vernetzten Zirkulationssphären entwickelt hat. Anstelle rechtsstaatlicher Regelungen bilden latente und manifeste Gewaltverhältnisse die Geschäftsgrundlage. Steuern zur Reproduktion des Staates werden nicht gezahlt. Bei der kriminellen Sphäre handelt es sich um ein parasitäres Gebilde, das informelle Lebenswelten ausbeutet und auf Tausch mit der regulären Ökonomie, so z.B. beim Drogenhandel, angewiesen ist. Kriminelle Akteure agieren zugleich in den informellen und regulären Sphären der Weltwirtschaft. Dies macht eine eindeutige definitorische Abgrenzung nicht immer leicht. Dennoch wird das globale "BKP" (Bruttokriminalprodukt) grob auf inzwischen jährlich 1.500 Mrd. US-$ geschätzt, wovon knapp die Hälfte allein auf Drogengeschäfte entfällt. Angesichts dieser Situation ist es unverständlich, dass sich staatliche Maßnahmen fast ausschließlich auf die Angebotsseite konzentrieren und durch die Verfolgungsmaßnahmen die Gewinnmargen[12] auf diesem Markt in die Höhe treiben.

Aus der Perspektive nationaler Volkswirtschaften betrachtet sind diese drei Sphären jeweils in eigenständige globale Zirkulationsprozesse integriert. Dabei bilden informelle und kriminelle Ökonomien den logischen Schatten der gegenwärtig die Globalisierung prägenden neoliberalen Regulationsdoktrin. In diesem Schatten organsiert die ausgeschlossene Hälfte der Weltgesellschaft ihr oft prekäres Leben. Die dynamische Transnationalität informeller und krimineller Netzwerke, allen voran der Drogenökonomie, entzieht sich notwendig statistischer Erfassung und bleibt deshalb in Analysen der Weltwirtschaft weitgehend ausgeblendet. Bis zu den Terroranschlägen in den USA hat man über alles hinweggesehen, was die nicht in die heile Welt der vorherrschenden neoliberalen Regulationsideologie passte. Das hat sich geändert, seit man im "Gobal War on Terror (GWOT)[13] unterstellt, dass die Netzwerke der Schattenglobalisierung zugleich als Operationsraum von Terroristen fungieren.

Keine Gesellschaft ist von dem Nebeneinander und der gleichzeitigen Verschränkung staatlich regulierter, rechtlich geordneter Weltwirtschaft und schattenwirtschaftlichen transnationalen Lebenswelten ausgenommen. Migration dient als Hefe dieser schattenökonomischen Lebenswelten. Legale und illegale Migration verdichten und erweitern die jeweiligen Operationsräume von Netzwerken. Das Humankapital dieser Netzwerke ist Vertrauen aufgrund von Gruppenidentitäten. Es schafft kostengünstig die operativen Voraussetzungen für Transaktionen jenseits staatlicher Regulierung.

Kosovo zeigt beispielhaft diese Merkmale. Die aktuelle Verfassung der kosovaischen Gesellschaft ist vor allem dem langanhaltenden wirtschafts- und integrationspolitischen Versagen der Titodiktatur geschuldet. Die lange Jahre legale Arbeitsmigration vor allem nach Westeuropa und nach der Abschließung der dortigen Arbeitsmärkte die illegale Migration haben die ökonomische Struktur der Provinz zu einem hybriden transnationalen Gebilde werden lassen, in dem Rücküberweisungen von Migranten, die in etwa die Hälfte der erwerbsfägigen Bevölkerung ausmachen, und leistungsfähige transnationale schattenökonomische Netzwerke eine zentrale Bedeutung haben. In der Czempielschen Terminologie, die zwischen Staatenwelt und Gesellschaftswelt unterscheidet, wäre das albanische Kosovo nahezu vollständig in der internationalen Gesellschaftswelt und nicht in der Staatenwelt zu verorten. Die internationale Verwaltung führt weitgehend ein Eigenleben. Sie generiert vor allem Nachfrage nach von außen finanzierten qualifizierten (Dolmetscher etc.) und kriminell organisierten (Prostitution) Dienstleistungen.

Bilanziert man das unter der kosovo-albanischen Identitätsgruppe verfügbare Humankapital, so wird rasch deutlich, dass der leistungsfähigere Teil der Bevölkerung überwiegend legal und illegal in der Diaspora lebt. Diese Menschen haben wenig Anreize, wieder in die ideologisch noch als Heimat empfundene Region zurückzukehren. Sie leben eine postmoderne transnationale Identität zwischen Legalität und Ilegalität, die typisch für die duale Globalisierung ist. Andere Nachkriegsgesellschaften dürften ausnahmslos ähnlich in unterschiedlicher Ausprägung verfasst sein. So ist in Zentralamerika die Migration in die USA von großer Bedeutung sowohl für die politische als auch die ökonomische Konfiguration der dortigen Nachkriegsgesellschaften[14].

Kriegsökonomien in der Weltwirtschaft als Normalfall der dualen Globalisierung

In dem beschriebenen weltwirtschaftlichen Umfeld ist es auch für nicht-staatliche Akteure in bewaffneten Konflikten als Anbieter von möglicherweise geraubten Waren, als Erpresser von illegalen Steuern oder als Anbieter krimineller Dienstleistungen möglich, einerseits die notwendigen Devisen zu erwirtschaften, um auf den internationalen Schwarzmärkten die Versorgung mit dem benötigten Kriegsgerät sicherzustellen und andererseits auch eine individuelle Bereicherung der Führungsclique auf Auslandskonten zu organisieren. Voraussetzung ist die verlässliche Kontrolle eines zugänglichen Territoriums oder die für diese Kontrolle einträgliche Duldung durch einen kriminalisierten Staat[15]. Sieht man einmal von der Nachfrage nach Waffen ab, unterscheiden sich Kriegsakteure nicht von anderen Teilnehmern an der dynamischen schattenökonomischen Waren- und Geldzirkulation, die keine territorialen Grenzen kennt. Embargoversuche der Vereinten Nationen oder die Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenkonsums auf der Angebotsseite können lediglich die Risiken illegaler Ströme und damit aber auch Preise und Gewinnmargen erhöhen. Aber das Ziel einer Unterbindung ist angesichts der Dynamik der Schattenglobalisierung als Ausdruck geschwächter oder gänzlich fehlender Reichweite staatlicher Ordnungsfunktionen unrealistisch. Die Anstrengungen in den neunziger Jahren UNITA in Angola wirtschaftlich zu isolieren, hatten zur Folge, dass sich das Netz profitabler illegaler Diamantenvermarktung auf zahlreiche afrikanische Staaten ausdehnte, deren Staatsoberhäupter die kriegsökonomischen Bereicherungschancen wahrnahmen und als Hehler bei Diamantenverkäufen und Waffenlieferungen fungierten[16].

Die Möglichkeit einen bewaffneten Konflikt auszutragen, hängt vom Zugang zu marktfähigen Ressourcen und der Möglichkeit der Aneignung finanzieller Ressourcen auf legalem Wege oder mit kriminellen Mitteln ab. Dies gilt sowohl für staatliche als auch für nicht-staatliche Konfliktparteien. In der Literatur zu den Ökonomien der bewaffneten Konflikte der Gegenwart richtet sich das Augenmerk vor allem auf die nicht-staatliche Seite, die mangels völkerrechtlicher Anerkennung per definitionem illegal d.h. schattenökonomisch agieren muss. Tatsächlich aber unterliegt die staatliche Seite in innerstaatlichen Kriegen ebenso dem Zwang die zur Kriegführung notwendigen Ressourcen sich mit kriminellen Mitteln anzueignen, denn der Konflikt ist Ausdruck des Zusammenbruches des Sozialkontraktes an, der den Staat alimentiert.

Als wichtigste Quellen der Reproduktion werden die Produktion und Vermarktung von Rohstoffen, wie Diamanten, Coltan, Edelhölzer, Edelsteine u.a.m. genannt. Gemeinsames Merkmal dieser Güter ist, dass ihre Produktion im wesentlichen durch wenig qualifizierte Arbeitskräfte bewerkstelligt und der Export gewährleistet werden kann. Kapitalintensive Produktionsanlagen sind in bewaffneten Konflikten schwer zu schützen.

Finanzielle Zuflüsse unterschiedlicher Art spielen ebenfalls eine große Rolle, in erster Linie freiwillige, gelegentlich aber auch erzwungene Zahlungen der Diaspora, aber auch von Nachbarstaaten, die ein Interesse entweder an Destabilisierung oder aber am Zugriff auf ausbeutbare Ressourcen haben[17]. Gemeinhin unterschätzt wird der Umfang, in dem humanitäre Hilfe in Konfliktregionen von Kriegsakteuren in Mittel zur Alimentierung des bewaffneten Kampfes transformiert wird. Schließlich eröffnet die manchmal auch grenzüberschreitende territoriale Kontrolle den Kriegsparteien umfängliche Einkommen durch Schmuggel, Menschenhandel, Kontrolle des Drogenhandels und Organisation illegaler Migration. Insgesamt besteht die wirtschaftliche Zirkulation vorwiegend aus asymmetrischen Tauschbeziehungen, bei denen nicht der Markt, sondern die nachhaltige Drohung des "General-Unternehmers" mit Gewalt und die fällige Hehlerprämie die Wertrelationen determinieren.

Die staatliche Seite in den "neuen Kriegen" ist in der Regel geschwächt und verliert im Verlauf des Konfliktes weitgehend ihre je bescheidene Steuerbasis. Mangels anderer Möglichkeiten muss sie auf die gleichen Verfahren zur Generierung der benötigten Ressourcen setzen wie die nicht-staatlichen Akteure. Sie hat wegen ihres völkerrechtlichen Status dabei in der Regel größere Möglichkeiten. So haben Regierungen in Afrika private Militärunternehmen in ihre Dienste gestellt und als Zahlung unter anderem Lizenzen zur Ausbeutung von mineralischen Rohstoffen erteilt[18].

Ökonomische Disziplinierung

Viel spricht für die These, dass die Dynamik der Schattenglobalisierung Kriegsparteien in bewaffneten Konflikten einen leistungsfähigen wirtschaftlichen Operationsraum bietet, der gegen Sanktionen aufgrund der stabilen, weil außerordentlich flexiblen Netzwerkstrukturen weitgehend unempfindlich ist. Die verbreitete Schwächung von Staatlichkeit und die damit verbundene Ausweitung korruptions- und gewaltoffener Räume erlaubt es, dem Verfolgungsdruck staatlicher Organe[19] geschmeidig auszuweichen. Kriegsökonomische Transaktionen sind in diesem Operationsraum quantitativ nicht von großer Bedeutung[20]. Sie fügen sich aber in die dynamische Expansion schattenökonomischer Strukturen in der Weltwirtschaft in der Ära neoliberaler Regulation ein.

In ihrer funktionalen Multidisziplinarität als militärische Strategen, schattenökonomische Unternehmer und politische Agitatoren sind die Anführer bewaffneter Konflikte gefordert, permanent ein Gleichgewicht zwischen diesen drei idealtypischen Rollen zu bewahren. Notwendige Voraussetzung für die anderen Rollen ist jedoch immer der Erfolg als schattenökonomischer Unternehmer. In dieser Rolle sind die "warlords" und "politischen Anführer" jedoch globaler Konkurrenz ausgesetzt. Um in dieser Konkurrenz leistungsfähiger schattenökonomischer Netzwerke bestehen zu können, bedarf es in der Regel der vorrangigen Konzentration auf diese Rolle. Dieser Sachverhalt hat weitreichende Konsequenzen für den Charakter bewaffneter Konflikte. Der unbedingte Vorrang der wirtschaftlichen Dimension bewirkt eine tendenzielle Disziplinierung der militärischen Gewalthandlungen.

Gleichzeitig gilt auch für den gesamten schattenökonomischen Raum, dass Transaktionen zwar überwiegend gewaltkontrolliert abgewickelt werden. D.h. auf der glaubwürdigen Drohung mit Gewalt beruht die notwendige Kontraktsicherheit. Aber stabiler wirtschaftlicher Erfolg erfordert in jedem Falle ein niedriges Profil öffentlich sichtbarer Gewalthandlungen. Daher haben auf den Märkten der Schattenglobalisierung Identitätsgruppen, die eine breit gestreute, häufig wirtschaftlich leistungsfähige Diaspora einschließen, einen Wettbewerbsvorteil. Denn in Netzwerken, die sich auf Gruppensolidarität und den sicheren Abschluss nach außen stützen können, sind die Aktivitäten gegenüber staatlicher Verfolgung weniger gefährdet, weil sichtbare regulative Gewalt in sehr viel geringerem Maße notwendig wird, um Kontraktsicherheit bei schattenökonomischen Transaktionen sicherzustellen als dies ohne das Sozialkapital einer Identitätsgruppe wäre.

Wird ein länger andauernder bewaffneter Konflikt durch ein international sanktioniertes Friedensabkommen beendet, dann lautet die Rezeptur regelhaft, Entwaffnung der "Kämpfer" und rasch Durchführung demokratischer Wahlen. Die kriegsökonomisch ausgerichteten Wirtschaftsstrukturen und vor allem die daran geknüpften Machtstrukturen bestehen zunächst fort. Die Anführer in dem Nachkriegsszenario bleiben einstweilen notwendig die Gleichen, lediglich ihre militärstrategische Rolle wird geringer bzw. entfällt. Das Überleben und die ökonomischen Rollen werden weiter in den klientelistischen, von Identitätsgruppen geprägten Hierarchien der kriegsökonomischen Machtstrukturen zugeteilt. Die identitätspolitischen Diskurse des bewaffneten Konfliktes werden zu Wahlkampfplattformen transformiert, das Personal bleibt das Gleiche. Demokratische Wahlen werden so zu einem Angebot einer neuen Fassade bestehender Machtverhältnisse, die unter internationaler Beobachtung eine politische Legitimität erhalten.

Die Verwunderung und manchmal Empörung der liberalen Öffentlichkeit darüber, dass nach Wahlen aus Kriegsherren, Drogenbossen, Zuhältern und Schwarzhändlern, die als nationalistische Agitatoren aufgetreten sind, Parlamentarier und Minister werden, ist naiv. Die politischen Diskurse verschließen die Augen vor einer ehrlichen Analyse des Widerspruches zwischen der herrschenden ökonomischen Regulierungsideologie und den Erfordernissen des Umbaus von Kriegsökonomien im schattenökonomischen Raum in einen Wirtschaftsraum, der so organisiert ist, dass Staatlichkeit zu einem sozialen, als legitim erachteten Kontrakt führen und durch ein Steueraufkommen reproduziert  werden kann. Solange keine Strategie geschützter, vor allem junge Menschen einbindender Beschäftigung mit internationaler Hilfe bereitgestellt wird, bietet das Diktat der internationalen Gemeinschaft in Nachkriegsgesellschaften keine Alternative zur relativen Sicherheit des Eingebundenseins in machtvolle klientelistische Hierarchien, die die Kriegsökonomie hinterlassen hat oder zur Emigration, die meist nur auf illegalem Wege möglich ist.

Ordnet man diese Überlegungen in die strukturellen Veränderungen ein, die weltweit die gesellschaftliche Realität als Folge durchgreifender Modernisierung und Ausrichtung von Produktionsstrukturen auf den globalen Markt kennzeichnen, dann ergibt sich als Tendenz eine Abnahme bewaffneter territorialer Konflikte bzw. eine Transformation der Form bewaffneten Konfliktaustrags[21]. Denn nur in Ausnahmefällen hat die relative reproduktive Autonomie von bäuerlichen Lebenswelten noch Bestand, die in der Vergangenheit eine notwendige Ressource zur Führung von Kriegen war. Damit ist tendenziell der größte Teil der Weltgesellschaft durch infrastrukturelle Störungen, die kaum vermeidbar durch kriegerische Handlungen ausgelöst werden, unmittelbar und in kurzer Frist in seiner Überlebensfähigkeit bedroht. Denn der das Überleben sichernde Warenfluss wird unterbrochen. Dies gilt umso mehr, als die atemberaubende Expansion von mehr als einhundert Megastädten hyperverletzliche Agglomerationen schafft. Das Leben der Menschen und vor allem der Armen und Marginalisierten ist abhängig vom Funktionieren einer "just in time" Zirkulation und Nachfrage nach schlecht bezahlter Schwarzarbeit oder Müllsammeln[22] zur Subsistenz. Dieser globale soziale Wandel bzw. diese Modernisierung reduziert die "Überlebenselastizität" gegenüber infrastrukturellen Störungen. Möglichkeiten im Kriegsfall die Subsistenz im lokalen oder regionalen Umfeld zu sichern, gibt es in einer (welt-)marktorientierten spezialisierten Landwirtschaft nicht.

Diese strukturelle Minderung von gesellschaftlicher "Überlebenselastizität" als Folge gesellschaftlicher Modernisierung kann man als Tendenz zu struktureller Unfähigkeit traditioneller territorialer Kriegsführung interpretieren. Denn territorial geführte Kriege müssen unter den solchen Bedingungen tendenziell unmittelbar in totale humanitäre Katastrophen umschlagen. Neben den ausführlich diskutierten kriegsökonomischen Erfordernissen bedeutet dies eine weitere Handlungsschranke für potentielle Kriegsakteure, deren in der Regel rationales Handlungskalkül einen humanitären "Gau" zu verhindern suchen dürfte.

Dennoch wäre es falsch, Friedenskonsolidierung durch Kriminalisierung des Staates und entsprechend weniger Gewaltopfern zu erwarten. Denn gesellschaftliche Fragmentierung in der gegenwärtigen Weltordnung führt nicht nur zu regulativer Gewalt. Der Verlust an Sozialkapital als Folge von Marginalisierung und Kriminalisierung von Staatlichkeit bringt vielfältige Gewalteruptionen hervor, die nicht mit den Kalkülen regulativer Gewalt erklärbar sind.

Es bietet sich eine Unterscheidung in "regulative" und "situative Gewalt" an. Mit "situativ" werden Gewaltformen beschrieben, die nicht als strategisches Handeln erklärt werden können. Es handelt es sich um lokale, unkontrollierte, spontane Ereignisse. Täter und Opfer sind überwiegend junge Männer, die ihre Lebenssituation als doppelte Ausgrenzung erfahren. Ohne Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt ist ihre Lebenswelt Ausgeschlossenheit in Armut. Die allgegenwärtigen Modernisierungsbrüche bedingen die weitgehende Auflösung traditionaler Strukturen, womit es keinen Kontext mehr gibt, in den junge Menschen hineinwachsen. Angesichts der Perspektivlosigkeit, mit der junge Menschen in weiten Teilen der Dritten Welt leben müssen, verlieren soziale Normen und traditionale bzw. vormoderne  informelle Autoritäten verhaltenssteuernde Wirkung. Sie sind auf sich alleine gestellt und müssen sich in der unsicheren Informalität verorten. Sie nehmen ihre Situation als intergenerationelle Apartheid war.

Zugleich sind sie medial ständig der Welt des für sie unerreichbaren Massenkonsums ausgesetzt. Dies spiegelt sich in Hiphop und Rap. Diese Jugendmusikkulturen haben sich weltweit zu einer Artikulation junger Menschen in der Ausgeschlossenheit entwickelt, die zwischen individuellen Gewaltphantasien, die den Zugang zur Welt des Massenkonsums öffnen und politischer Anklage schwankt[23].

Brasilianische und südafrikanische Untersuchungen bestätigen, dass ein erheblicher Anteil der Tötungsdelikte das Ergebnis einer Kombination von Auflösung traditionaler sozialer Bindungen, vor allem der Familien, und Alkohol und Drogen ist. Die Aneignung sozialer Normen ist defizitär, die soziale Kohäsion entsprechend gering. Geringfügige Streitereien enden in Gewalt, die häufig tödlich endet. Es sind Manifestationen situativer Gewalt, die den Verlust sozialer Kontrolle durch akzeptierte Normen anzeigen. Jede situative Gewalttat birgt jedoch die Gefahr einer eigendynamischen, unkontrollierten Eskalation. In bewaffneten Konflikten sind die Befehlshierarchien gleichfalls in der Regel wenig durchsetzungsfähig. Dies birgt die ständige Gefahr einer situativer Verselbständigung der Kriegshandlungen gegenüber der strategischen Zielsetzung. Jede situative Verselbständigung des kriegerischen Gewalthandelns bedeutet eine Eskalation der Brutalität, weil die Wahrnehmung durch die andere Seite diese Unterscheidung naturgemäß nicht macht.

Kriege der Gegenwart zeichnen sich durch diskontinuierliche Abläufe, Parallität von Kampfhandlungen und schattenökonomischen Transaktionen, auch zwischen den Kriegsparteien, sowie auch immer Inseln normaler Zivilität aus. Daher weisen die Lebenswelten in zerfallenden Staaten, neuen Kriegen und Nachkriegen viele gemeinsame Merkmale auf. Hierzu gehören  immer situative und regulative Gewalt, die in der medialen Präsentation von Kriegen selten unterschieden werden. Für eine angemessene Reaktion auf Gewaltereignisse, z.B. durch sog. Friedensmissionen der Vereinten Nationen, wäre es aber von entscheidender Bedeutung den tatsächlichen Kode von Gewaltereignissen zu kennen. Hierzu greifen aber die gegenwärtigen Kriegsursachenforschungen zu kurz. Denn sie haben sich noch nicht auf die Spur der Transformation von Gewaltformen[24] gesetzt, die sich aus den kriegsökonomischen Imperativen in der gegenwärtigen Weltlage ergeben haben, die eine stabile operative Kapazität in den Sphären der Schattenglobalisierung voraussetzen.

Daraus leitet sich eine freilich erst empirisch abzuarbeitende Hypothese ab: Die ökonomischen Zwänge, denen Parteien in den meisten innergesellschaftlichen bewaffneten Konflikten unterliegen, üben eine disziplinierende Wirkung auf das Niveau und die Formen des Gewalteinsatzes aus. Dies hat zur Folge, dass es immer weniger möglich ist, gemessen am Gewaltniveau Kriege und Nichtkriege zu unterscheiden. Denn die allgemeine Fragmentierung und der Zerfall von Gesellschaften jenseits des Wirkungsbereiches staatlicher Gewaltmonopole generiert diffuse Formen oft massiver Gewalt[25]. Sie bilden immer eine Gemisch von regulativer und situativer Gewalt, das ein großes Eskalationspotential in sich birgt. In der Summe tragen sie jedoch immer zu einer weiteren Minderung von Sozialkapital bei. Sozialkapital ist jedoch die Voraussetzung zur Rekonstruktion eines breiten gesellschaftlichen Konsenses, der die (Re-)Konstruktion von Staatlichkeit ermöglicht, wenn auch wahrscheinlich in einer Form, die nicht dem Idealtypus des Wohlfahrtsstaates europäisch sozialdemokratischer Prägung entspricht.

Fußnoten

[1] Dieser Text ist im Zusammenhang des internationalen Forschungsprojektes "Challenge The Changing Landscape of European Liberty and Security" (Sixth Framework Programme der EU) entstanden.

[2] Fançois Jean, Jean-Christophe Rufin, L’économie de guerres civiles, Paris 1996. (Dt. Übersetzung "Ökonomie der Bürgerkriege", Hamburg 1999).

[3] Siehe vor allem die zwei Bände "War and Underdevelopment", Hg. Frances Stewart, Valpy Fitzgerald and Associates, Oxford 2001. Stewarts zentrale Argumente sind deutsch verfügbar in: Frances Stewart, Horizontale Ungleicheheit als Ursache von Bürgerkriegen, in: Sabine Kurtenbach, Peter Lock, Kriege als (Über)Lebenswelten, Bonn (Dietz) 2004, S.122-141.

[4] Den Begriff eingeführt haben im englischen Sprachraum Mary Kaldor,New & Old Wars, Organized Violence in a Global Era, Oxford 1999 und im deutschen Sprachraum Herfried Münkler,Die neuen Kriege, Hamburg 2002.

[5] Es enspricht freilich dem korporativen Eigeninteresse des Militärs diese Entwicklung zu leugnen und für sich Kriegsführungsfähigkeit zu reklamieren.

[6] Die folgenden Abschnitte knüpfen an mehrere frühere Verööfentlichungen des Autors an.

[7] Am ausgeprägtesten in diese Entwicklung in Philippinen. Siehe: Ehrenreich, Barbara, Arlie Russel, Global Women, London 2003.

[8] Untersuchungen von Toiletten in Parlamenten und Börsen belegen der Drogenkonsum der Benutzer.

[9] Die vielsprachigen Hinweisschilder in vielen deutschen Banken, allen Postfilialen und den ALDI-Supermärkten, die sich an potentielle Bankräuber richten, sind eine eher kuriose Manifestation dieser Omnipräsenz.

[10] Migrantinnen werden zum Beispiel in Singapur bei Schwangerschaft zwangsdeportiert.

[11] Eine empirische Untersuchung der erschreckenden Bilanz polizeilicher Gewalt gegenüber in Armut lebenden Bevölkerungsmehrheit hat Amnesty International für Brasilien vorgelegt: Brasil "Entran disparando" La actuación policial en las comunidades socialmente excluidas, (http://web.amnesty.org/library/print/ESLAMR190252005).

[12] Die Produktionskosten machen weniger als ein Zehntel des Marktpreises für Drogen aus. Der Rest ist allein der Kriminalisierung des Drogenkonsums geschuldet. Man kann die derzeitige Drogenpolitik auch als eine Kollusion von staatlicher Politik und organisierter Kriminalität betrachten.

[13] Hierzu: Peter Lock, Globaler Krieg gegen den Terrorismus - Überlebenskampf oder Selbstzerstörung des Westens? in: Friedensbedrohung Terrorismus: Ursachen, Folgen und Gegenstrategien", Kieler Schriften zur Friedenswissenschaft, Bd. 13,  Münster/Berlin: Lit-Verlag, 2005, S. 156-169.

[14] Vor allem in Guatemala und El Salvador spielen gewaltbereite Jugendbanden (Maras) mit einer Binnensolidarität, die mit der italiernischen Mafia vergleichbar ist, eine große Rolle. Ihre Entwicklung soll maßgeblich von aus Los Angeles zurückgekehrten bzw. ausgewiesenen Jugendlichen geprägt worden sein. Hierzu: Peter Peetz, Las "maras: el pandillismojuvenil en Honduras, El Salvador y Guatemala, in: Potthast, Barbara, Carreras, Sandra (eds.): Entre familia, sociedad y Estado: Niños y jóvenes en América Latina, Frankfurt (Vervuert)i.E.

[15] Beatrice Hibou et al, La criminalisation de l’État en Afrique, Paris 1997.

[16] Hierzu siehe: Jakkie Cilliers, Christian Dietrich eds., Angola’s War Economy, Pretoria 2000.

[17] Die militärische Einmischung mehrerer Staaten in die bewaffneten Konflikte im Kongo sind u.a. derartiger Motivation geschuldet.

[18] Hierzu bereits sehr früh: Jakkie Cilliers; Peggy Mason eds, Peace, Profit or Plunder? - The Privatisation of Security in War-Torn African Societies, Pretoria 1999

[19] Der dynamische Wandel der globalen Drogenhandelsnetzwerke demonstriert diese Flexibilität. Hierzu: A. Labrousse (Éd.), Dictionnaire Géopolitique des Drogues, Bruxelles 2003.

[20] Schätzungen, wie vage sie auch immer sein mögen, gehen davon aus, dass alleine das "globale Bruttokriminalprodukt" bei über 1,5 Billionen Dollar liegt. Gemessen an dieser Summe sind die identifizierbaren kriegsökonomischen Transaktionen etwa der Tamil Tigers eher bescheiden.

[21] Zur Zukunft des Krieges - Zwischen Schattenglobalisierung und US-Militärstrategie, in: Joachim Becker, Gerald Hödl, Peter Steyerer Hg. Krieg an den Rändern - Von Sarjewo bis Kuito, Wien (Promedia Verlag & Südwind) 2005, S. 60-73.

[22] Vom gesammelten Müll und dessen Recycling in einer Megastadt wie Mexiko City leben oder besser vegetieren zehntausende Menschen.

[23] Hierzu: Katrin Lock, Who Is Listening? Hip-Hop in Sierra Leone, Liberia, and Senegal, in: M.I. Franklin (ed.), Resounding International Relations On Music, Culture, and Politics, Palgrave 2005, S.141-160.

[24] Eine der wenigen Ausnahmen bildet: John Mueller, The Remnants of War, Cornell University Press, 2004.

[25] In Brasilien werden jährlich  fast 40 000 Tote als Folge von Missbrauch von Kleinwaffen registriert. Diese Zahl liegt deutlich über den Opferzahlen von einigen Kriegen der Gegenwart. Siehe: Wendy Cukier, Victor W. Sidel, The Global Gun Epidemic, Westport/London 2005, S.16.