Dr. Peter Lock
European Association for Research on Transformation e.V.

Zuverlässige Entsorgung abgelegter Waffen

Es gibt in Deutschland wenig Anreize, Waffen, die nicht mehr benötigt werden, zuverlässig zu entsorgen und damit das latente Risiko auszuschließen, dass derartige Waffen in falsche Hände gelangen. Der Prozentsatz an Schusswaffen in Deutschland, die vorgehalten werden, obwohl die Besitzer keine wirkliche Verwendung (mehr) dafür haben, liegt mit Sicherheit deutlich im zweistelligen Bereich. Es kommt hinzu, dass zumindest in der Vergangenheit die gesellschaftliche Praxis der Regelungsdichte des Waffengesetzes bei Erbfällen nicht entsprochen hat. Inwieweit die laufende Schaffung eines einheitlichen Waffenregisters nach Vorgaben der EU dazu führen wird, den privaten Besitz an Schusswaffen sorgfältiger und umfänglicher zu erfassen, lässt sich noch nicht beurteilen. Die verschiedenen Amnestien in der Vergangenheit haben nur bescheidene Waffenmengen der Entsorgung zugeführt. Es liegt im Interesse der öffentlichen Sicherheit, jede nicht (mehr) benötigte Schusswaffe sicher stillzulegen und zuverlässig zu entsorgen. Hierfür müssen wirkmächtige Anreize geschaffen werden.

Der Besitz von Schusswaffen gehört aus guten Gründen in Deutschland nicht zu den bürgerlichen Grundrechten. Es handelt sich vielmehr um ein auf Zeit vergebenes Privileg, das nach Abwägung der Eignung der Person und möglichen Risiken für die Sicherheit mit Auflagen u. a. hinsichtlich der Verwahrung erteilt wird. Daher ist es geboten, dass die Aufwendungen, die notwendig sind, um überschüssige Waffen zuverlässig zu entsorgen, vom Kollektiv der Verursacher, d. h. den legalen Waffenbesitzern getragen werden.

Nicht zuletzt angesichts der Erfahrungen bei der prämienbegünstigten Verschrottung alter Autos, die zahlreich nur zum Schein durchgeführt wurde, müsste die zuverlässige Entsorgung von Schusswaffen als hoheitliche Aufgabe organisiert werden. Unterschiedlich wirkungsmächtige Verfahren zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Entsorgung sind denkbar.

Eine Minimallösung wäre die Übernahme von Regelungen bei anderen langlebigen Gebrauchsgütern, bei denen der Hersteller bzw. Verkäufer verpflichtet wird, die Produkte nach ihrer Nutzungsphase zurückzunehmen und dem Recycling zuzuführen. Dabei werden die anfallenden Kosten eingepreist und mit dem Verkauf abgegolten. Ein solches Verfahren bietet jedoch nur einen geringen Anreiz, überzählige Waffen tatsächlich dem Recycling zu überantworten. Alternativ oder ergänzend könnte man Waffenscheine und Waffenbesitzkarten proportional zu Zahl und Dauer des Waffenbesitzes spürbar mit Gebühren belasten, damit Waffenbesitzer periodisch eine Güterabwägung treffen zwischen den laufenden Kosten und dem Interesse, Waffen vorzuhalten.

Da Gewährleistung öffentlicher Sicherheit zu den zentralen Aufgaben des Staates gehört, ist es unbedingt zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber Waffenbesitz an Auflagen bindet, die die Risiken missbräuchlicher Verwendung verringern. Die Kriminalstatistik zeugt davon, dass sehr häufig die Täter nicht die legalen Besitzer der Tatwaffe sind. Daher müssen alle Möglichkeiten erwogen werden, die das Vagabundieren von Schusswaffen aus legalem Besitz in illegale Verfügung verhindern.

Eine wirkungsvolle Maßnahme, die darauf zielt, überschüssige Waffen aus dem Verkehr zu ziehen und zu entsorgen, wäre die Erhebung eines Pfandes, das bei Kauf einer Waffe von einer hoheitlichen Behörde erhoben wird. Ein solches Pfand würde jede Waffe unabhängig vom zivilrechtlichen Eigentum zu einer waffenrechtlichen Leihgabe machen, die der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Zeit gewährt. Das überragende Interesse des Staates als Garant öffentlicher Sicherheit rechtfertigt in jedem Falle einen solchen Eingriff in das besondere zivilrechtliche Eigentum Schusswaffe. Die Höhe eines solchen Pfandes müsste sich am geschätzen Schwarzmarktpreis einer vergleichbaren Waffe orientieren, um später einen attraktiven Anreiz zu bieten, überschüssige Waffen gegen Erstattung des Pfandes zu entsorgen. In diesem Zusammenhang wäre ebenfalls ernsthaft zu erwägen, illegale Waffen generell straffrei gegen Zahlung eines ebenfalls Anreize bietenden Betrages einzuziehen. Denn oberstes Ziel staatlichen Handelns in diesem Bereich muss die öffentliche Sicherheit sein, weniger mögliche Gesetzesverstöße.

Ein solches gesetzlich vorgeschriebenes Pfand würde den Erwerb von Schusswaffen erheblich verteuern. Es hätte aber zugleich den gesellschaftlich gewünschten Effekt die Kauflust bei Schusswaffenbesitzern mittels eines Marktmechanismus zu dämpfen. Im Moment des Kaufes wirkt ein solches Pfand wie eine demeritionale Steuer, aber im Unterschied zu einer Steuer wird das Pfand am Ende des Lebenszyklus der Waffe wieder erstattet.

Die Verwaltung des Pfandes müsste treuhänderisch durch eine hoheitliche Behörde erfolgen. Da die Lebenszyklen von Schusswaffen sehr lang sein können, würde sich Kapital ansammeln und die Möglichkeit eröffnen, grundsätzlich Waffen unabhängig von ihrem rechtlichen Status mit dem Ziel zu erwerben, sie zuverlässig zu entsorgen. Im Interesse öffentlicher Sicherheit wäre dies allemal.

Peter Lock