Dr. Peter Lock
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last updated:03.01.2011
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Ein Indikator für globale Veränderungen: Privatisierung von Sicherheit

Eine Herausforderung für Friedensforschung?

Vorbemerkung:

In meiner Wahrnehmung von Friedensforschung, zu der ich eher zufällig Anfang der siebziger Jahre mit dem Ziel gestoßen bin, um meine Kenntnisse über Unterentwicklung zu vertiefen, hatte sich Friedensforschung als Disziplin herausgebildet, weil die bestehenden sozialwissenschaftlichen Disziplinen beginnend in den USA zur Zeit der McCarthy-Ära und nachfolgend auch in Westeuropa derart in die Logik des Kalten Krieges eingebunden waren, daß ein kritischer Diskurs über vorherrschende Ideologie der menschheitsbedrohenden nuklearen Abschreckung (mad=mutually assured destruction) innerhalb der traditionellen Disziplinen nicht geführt werden konnte. Das ethische Versagen des Wissenschaftsbetriebes legitimierte die Besonderung der Friedensforschung. Sie war daher definitorisch multidisziplinär angelegt. Diesem Anspruch ist die Friedensforschung freilich nie gerecht geworden, nicht zuletzt weil er kaum einzulösen war. Die Anstoßwirkung der von der Friedensforschung gestellten Fragen wirkte auf vielfältige politische Diskurse, freilich war das jeweilige Rezeptionsklima sehr unterschiedlich. Schließlich aber entfaltete sich in den achtziger Jahren ein kritischer Diskurs über die moralische Dimension des nuklearen Wettrüstens auch innerhalb traditioneller wissenschaftlicher Diszipline. Die Friedensforschung schien ihrem ursprünglichen Ziel näher zu kommen und damit aber auch ihren Existenzgrund zu verlieren.

Jedoch hatte sich die Friedensforschung längst über ihr Gründungsmotiv hinaus professionalisiert und beanspruchte eine Rolle bei der Weiterentwicklung von Sicherheitspolitik. Zudem war mit der Kriegsursachenforschung ein originäres Forschungsfeld erschlossen worden. Schließlich brachte sie sich vor allem mit dem Konversionsthema als wichtige Disziplin zur Bewältigung des anstehenden Epochenwechsels politisch ins Gespräch. Die Fortschreibung dieser Aufgaben gehört zum Kern legitimer und sehr erfolgreicher Strategien zur Besitzstandswahrung (Arbeitsplatzsicherung etc.) der Friedensforschung in Deutschland. Dennoch vermisse ich eine umfassende selbstkritische Hinterfragung der bisher verfolgten Paradigmen. Die folgenden Gedanken verstehe ich als Beitrag zur notwendigen Hinterfragung und vielleicht zu verändernden Positionierung der Friedensforschung. Allerdings weist der zu führende Diskurs weit über die Friedensforschung hinaus. Das Ende der scheinbar bi-polaren Welt: Bis zum Ende des Kalten Krieges ließ sich die Fiktion aufrechterhalten, daß atomarer Krieg das größte denkbare, das absolute Übel sei. Rhetorisch bestimmte seine Vermeidung zwar die internationale politische Agenda, aber die praktizierten Vermeidungsstrategien (u.a. Aufrüstung zur Abschreckung) hätten widersprüchlicher nicht sein können. Für Slumbewohner in Kalkutta oder der Favelas in Rio de Janeiro war die atomare Bedrohung jedoch bereits damals keineswegs das größte denkbare Übel. Aus dieser Perspektive gehören Atomkriege zu einer anderen Welt, zur Welt des Wohlstandes, von der man strukturell ausgeschlossen ist bzw. in Apartheid gehalten wird. Wirkliche Bedrohung ist einzig die Bewältigung der täglichen (Über)Lebenssituationen.

Lange wurden die gravierenden zivilisatorischen Mängel der realen gesellschaftlichen Verhältnisse von beiden Seiten der bi-polaren Konfrontation mit den Anfoderungen des Kalten Krieges entschuldigt, auch innerhalb der Friedensforschung. Die erwartete Friedensdividende zählt zu diesen opportunistischen Produkten der analytischen Ungenauigkeiten in den friedenspolitischen Diskursen während der letzten Dekade des Kalten Krieges. Das Konzept des Stellvertreterkrieges ist ein weiteres Beispiel.

Jetzt jedoch bedarf es neuer Begründungen, die von der gesellschaftlichen und individuellen verursachenden Teilhabe am Massenelend in der Welt entlasten. Das neue, scheinbar alternativlose Postulat der selbsterklärten Sieger lautet: Markt und Demokratie. Sie werden als siamesische Zwillinge präsentiert, die nur gemeinsam leben und gedeihen können. Der affirmative Befund der Friedensforschung, daß entwickelte westliche Demokratien ihre Konflikte untereinander mit friedlichen Mitteln lösen und Kriege untereinander vermeiden, paßt in das Szenarium neuen missionarischen Selbstbewußtseins der "Sieger". Unterentwicklung und Armut sind aus diesem Blickwinkel Folge der Verhinderung von Markt und Demokratie und damit regelhaft selbstverschuldet, eine neue kaum falsifizierbare, subtile Entlastung im Diskurs der westlichen Demokratien über Hunger und gewaltförmige Konflikte in der Dritten Welt.

Auch die institutionalisierte Friedensforschung bleibt in diesen "neuen Zeiten" eher im Windschatten. Radikale Herrschaftskritik an der unbeirrten Fortschreibung der militär-imperialen Führungsrolle der USA und der Anmaßung der Nuklearmächte weiter ihre Arsenale einseitig vorzuhalten, bleiben am Rande der aktuellen Friedensforschungsagenda. Vielmehr werden die etablierten Themen weiter abgearbeitet, ihr Streukreis weist nicht über die offizielle Abrüstungsagenda der Vereinten Nationen hinaus. Mit Konfliktmediation ist ein neuer pragmatischer und ressourcenopportunistischer Schwerpunkt hinzugekommen. Er vernachlässigt bewußt die sozial-ökonomischen Wurzeln der jeweiligen historischen Konflikte zugunsten der Anwendung von kontextneutralen Sozialtechniken. Die eigentliche Kriegsursachenforschung tritt dabei in den Hintergrund. Folge der bi-polaren Konfrontation: Die bi-polare Konfrontation hat den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der Kriegsführungsmittel dramatisch vorangetrieben, zugleich sind moderne Industriegesellschaften so vielfältig und nachhaltig verwundbar geworden, daß zwischenstaatlicher Krieg in der Interpretation Clausewitzs obsolet wird. Aber auch alle Versuche, bewaffnete Konflikte durch zwischenstaatliche Verträge zu zivilisieren, müssen scheitern, weil sie die Mehrzahl der gegenwärtigen und zukünftigen Konfliktakteure nicht erfassen. Denn Konflikte diffundieren grenzüberschreitend in gesellschaftlichen Strukturen, die immer weniger von souveränen territorialen Einheiten bestimmt sind. An die Stelle strukturierter kriegerischer Konflikte sind Situationen getreten, die in den Generalstäben unter dem Sammelbegriff "low intensity conflict (LIC)" diskutiert werden. Allerdings ist das Spektrum der eingesetzten Gewaltmittel im LIC entgrenzt, entsprechend liegt die Bandbreite staatlicher Gegenwehr zwischen Polizeiaktionen und Gegenterror. Der Einsatz konventioneller Streitkräfte seitens staatlicher Konfliktparteien ist meist konterproduktiv, weil die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel kaum einzuhalten ist. So jedenfalls lautet das Urteil der Auguren modernen Kriegsgeschehens[1]. Einzelne Ereignisse, wie z.B. die gescheiterte amerikanische Intervention in Somalia[2], der Bürgerkrieg in Algerien oder die Niederlage der russischen Armee in Tschetschenien, eignen sich als Belege für diese Entwicklung.

Dieser Befund, wenn er sich als richtig erweist, tangiert das überkommene, politikwissenschaftlich bestimmte Selbstverständnis der Friedensforschung. Wenn es daher ein zentrales Thema der Friedensforschung war, daß Kriege und Staatlichkeit sich gegenseitig bedingen und die Suche nach gewaltfreiem Interessenausgleich zwischen Staaten oder in Bürgerkriegen im Mittelpunkt stand, dann wäre es konsequent, wenn sich die Friedensforschung in absehbarer Zeit in die verschiedenen sozialwissenschaftlichen Disziplinen zurückentwickelt, die eine größere Kompetenz haben, die gesellschaftlichen Transformationsprozesse[3] zu analysieren, die gegenwärtig zu den einschneidenden Funktionsverlusten der Nationalstaaten führen. Denn nur auf der Grundlage eines klaren Verständnisses dieser Prozesse lassen sich politische Strategien zur Sicherung grundlegender Menschenrechte, einschließlich des Rechtes auf physische Unversehrtheit entwickeln. Die Diffusion kriegerischer Gewalt in weniger kontrollierbare Formationen als herkömmliche Streitkräfte und die zeitliche und räumliche Ausbreitung von LIC bedrohen weltweit die physische Unversehrtheit großer Bevölkerungsgruppen. Die Zahl der Konfliktopfer erreicht und übersteigt die Dimension kriegerischer Konflikte[4]. Allerdings ist soziale Ungleichheit gegenüber derartigen Bedrohungen ein Hauptmerkmal dieser Entwicklung[5].

Krieg, Gewalt und Nationalstaat:

Der Nationalstaat hatte es im Verlaufe seiner in Europa konzentrierten Genese erreicht, die gesellschaftlichen Konflikte zu zivilisieren. Das legitime Gewaltmonopol des modernen Staates hat Verbrechen und körperliche Gewalt zivilisiert[6]. Auch die Zivilisierung des zwischenstaatlichen Krieges war mit dem Völkerrecht eingeleitet. Zuerst der Völkerbund und im zweiten Anlauf die Vereinten Nationen waren darauf angelegt, zwischenstaatliche Konflikte friedlich beizulegen. Obwohl in dieser Mission weitgehend gescheitert ist der zwischenstaatliche Krieg eine im Aussterben begriffene Gattung. Allerdings wurden in der bi-polaren Welt innergesellschaftliche Konflikte jeweils konfrontativ usurpiert und ideologisch zu Stellvertreterkriegen transformiert. Folglich waren die Vereinten Nationen durch das Veto der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates gegenüber der Mehrzahl der Kriege weitestgehend gelähmt.

In dieser Dekade können sich die Kriegsparteien in den alten und neuen innergesellschaftlichen, gewaltförmigen Konflikten weder mit fremden Uniformen des Kalten Krieges kleiden noch auf die gewohnten Ressourcenzuflüsse hoffen. Gleichzeitig ist das Aufgabenspektrum der Vereinten Nationen sprungartig angewachsen, nicht jedoch deren Ressourcen und Kompetenz. Zwar bleibt formal der Nationalstaat zentraler Akteur im internationalen System, jedoch ist es nahezu weltweit ein stark geschwächter Akteur. Globalisierung und finanzielle Auszehrung zwingen zu tiefgreifenden Privatisierungen bisheriger Funktionsbereiche[7]. Gravierend ist, daß vor allem in vielen wirtschaftlich schwächeren Staaten, darunter auch in vielen Transformationsstaaten, das legitime Gewaltmonopol nicht zuletzt wegen fehlender Ressourcen nicht länger durchgesetzt werden kann. Für viele postkoloniale Staaten gilt jedoch, daß es nie wirklich existierte[8]. Vielmehr sanktionieren lokale Autoritäten in traditionalen Zusammenhängen abweichendes Verhalten. Die andauernde ökonomische Krise und massive Deregulierung haben die Auflösung dieser Strukturen beschleunigt[9]. In der Folge werden marktregulierte Produktions- und Tauschprozesse von gewaltbestimmten Transaktionen verdrängt, die konkurrierend das gesamte Wirtschaftssystem durchdringen. Staatlichkeit wird usurpiert oder löst sich auf. Kaplan[10] hat diese dramatische Entwicklung unter dem Titel "The ends of the Earth" (Kaplan 1996) mit pessimistischem Unterton und auf der Grundlage von Beobachtungen in der Dritten Welt popularisiert. Weil Marktwirtschaft und zumal ihre Rekonstruktion nach Bürgerkriegen Regeln und durchsetzbares Recht zur Voraussetzung haben, sind Regionen, deren vorherrschende Produktionsweise im Verlaufe von Konflikten Raubkriminalität geworden ist, weitgehend ohne Problemlösungkapazität aus sich selbst heraus. Es drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß sich rigoroses Abkoppeln von Regionen, in denen Formen der Staatlichkeit und damit ein rechtlicher Rahmen für Wirtschaft vollständig kollabiert sind, unter der Hand bereits vollzieht[11]. Das Ausmaß dieser Entwicklung hat scheinbar bei der Weltbank "Alarm" ausgelöst. Nach einem Jahrzehnt, das von Attacken auf Fehlentwicklungen des Staates, dem Anlegen von fiskalpolitischen Daumenschrauben, Privatisierungsdruck und dem globalen Rollenmodell des schlanken Staates geprägt war, hebt der Weltentwicklungsbericht 1997[12] zentral auf den funktionsfähigen Staat als notwendige Voraussetzung für Marktwirtschaft ab.

Konfrontative Ausgrenzung:

Im amerikanischen politischen Vokabular, das regelmäßig auf den internationalen Diskurs ausstrahlt, sind drei Syndrome isoliert worden, denen man den Krieg erklärt hat:Terrorismus, Kriminalität und Drogen. Bedenklich daran ist, daß die Vokabel Krieg immer den Offenbarungseid der Politik indiziert. Die Protagonisten dieser Kriege koalieren und buhlen darum, das mit dem Ende des Kalten Krieges entstandene ideologische Feindbildvakuum zu füllen. Die Konfliktprojektion Huntingtons hat den politisch-instrumentellen Charme mit dem Anti-Kommunismus vergleichbarer konfrontativer Unausweichlichkeit, die zugleich die Fortschreibung unilateraler militärischer Machtpolitik und präventives Eingriffshandeln legitimiert. Der unterschiedliche Zugriff auf militärische Hochtechnologie der konfrontativ aufeinandertreffenden Zivilisationen provoziert geradezu zwangsläufig auf amerikanischer Seite die Annahme einer terroristischen Bedrohung und damit zwangsläufig auch der Entgrenzung der eigenen defensiven Strategie[13]. Die Kriege gegen Kriminalität und Drogen hingegen sind miteinander verschmolzen und verstärken sich gegenseitig. Dabei hat der Drogenkrieg längst eine globale Dimension gewonnen. Allen voran die USA nutzen ihr außenpolitisches Instrumentarium, aber auch militärische Mittel, mit dem Ziel möglichst viele Regierungen zu Vasallen in diesem Krieg zu machen. Der sich intensivierende und auf Europa übergreifende Krieg gegen die Drogenkriminalität begleitet einen ökonomisch verursachten Prozeß sozialer Ausgrenzung und beschleunigt ihn. Gleichzeitig befördert diese massive Ausgrenzung in globalem Maßstab, seit Beginn dieses Jahrzehnts vor allem auch in den Transformationsländern, die Bildung riesiger Reservearmeen für die illegale, kriminelle Wirtschaft, die als ein aggressiver, dynamischer Transmissionsriemen zwischen der formalen globalen Ökonomie und den weitgehend abgekoppelten arbeitslosen Massen fungiert. Ideologisch sind die latenten Kriegszustände gegen Terrorismus, Drogen und Kriminalität attraktiv, weil sie weder einen klar definierten Anfang haben, noch eine einfache Beendigung des Krieges zulassen. Denn diese Kriege sind jederzeit entsprechend der involvierten Interessenlagen instrumentalisier- und intensivierbar. Der Aktionsradius dieser Kriege ist faktisch nicht begrenzt und lädt geradezu zum simultanpolitischen Mißbrauch ein, wenn es um die Durchsetzung ökonomischer Interessen geht. Es handelt sich um einen impliziten Elitenkonsens auf globaler Ebene, der die systemisch bedingte Armutsapartheid als unvermeidbar legitimiert.

Hingegen würde eine Überwindung der Kriegszustände eine Repolitisierung der zugrundeliegenden Syndrome voraussetzen. Dies aber würde bedeuten, die Interessen offen zu legen, die hinter diesen "Kriegen" stehen und dazu zwingen, sich mit den Ursachen zu beschäftigen. Die Apologie des Endes der Geschichte ist der Versuch, die Möglichkeit von systemischen Ursachen für den wenig appetitlichen Zustand der Weltgesellschaft grundsätzlich auszublenden.

Apartheid durch Privatisierung von Sicherheit:

Als Reaktion auf diffuse Wahrnehmungen von gewaltförmigem Konfliktaustrag und scheinbar diffuser Gewalt auf den unterschiedlichsten Ebenen parallel zu einem relativen Versagen der staatlichen Sicherheitsorgane entwickeln sich weltweit ein Aufrüstungswettlauf im Bereich privater Sicherheitsvorkehrungen. In zahlreichen Staaten werden die staatlichen Sicherheitsorgane von weiten Teilen der Bevölkerung sogar als Bedrohung erfahren, gegen die es sich kollektiv und individuell zu schützen gilt, vor allem in Kontext zerfallender oder diktatorisch usurpierter staatlicher Strukturen. Nicht selten entwickelt sich eine Sequenz von diktatorischer Usurpation hin zu einer einer korrupten Privatisierung der Staatsfunktionen, die schließlich in völlige Auflösung mündet[14]. Im Laufe dieser Entwicklung werden staatliche Sicherheitsorgane und Kriminelle austauschbar[15]. Die Begriffe Staat und Sicherheit sind vollständig entkoppelt. Häufig beschränkt sich eine solche Wahrnehmung auch nur auf zahlreiche marginalisierte Segmente der jeweiligen Gesellschaft. In vielen Staaten stellt sich die persönliche Sicherheitslage für häufig große Bevölkerungssegmente so dar, als habe sich der Staat im Hinblick auf die Sicherung der physischen Unversehrtheit seiner Bürger aufgelöst. Sicherheitsvorsorge wird zur individuellen und kommunitären privaten Aufgabe[16].

Diese Privatisierung ist ein ungleicher Wettlauf , der die Polarisierung innergesellschaftlicher und weltweiter Einkommensprofile reproduziert. Privatisierung von Sicherheit im weitesten Sinne ist ein dynamischer Prozeß, der sich im Geflecht dieser sog. Kriege und LICs entfaltet. Diese Entwicklung ist in ihren Zusammenhängen und quantitativen Dimensionen bislang wenig bearbeitet. Der Versuch diese Erscheinungen in global sichtbare Entwicklungen einzuordnen, betritt Neuland und kann daher zunächst nur beschreiben und erste Hypothesen bilden.

Dimensionen privater Sicherheit: In den Sog des allgemeinen Trends zur Privatisierung sind auch zahlreiche staatliche Aktivitäten zur allgemeinen und gleichförmigen Durchsetzung von Recht und Ordnung geraten. Dies reicht von der Privatisierung von Gefängnissen bis hin zur Delegation von polizeilichen Aufgaben an Privatunternehmen. Bedingt durch eine rasch zunehmende Privatisierung Raumes erweitert sich die gesellschaftliche Sphäre privater sozialer Kontrolle. Berechtigt oder nicht, allgemein wird die Fähigkeit des Staates, Sicherheit zu gewährleisten, in Frage gestellt. Die verbreitete Kriminalitätsangst setzt sich in ein breites Spektrum privater Sicherheitsvorkehrungen um. Sie bestimmen zunehmend die urbane Geographie[17], haben Einfluß auf die Wohnkultur, verändern das Sozialverhalten, und führen in nicht wenigen Ländern zu einem latenten individuellen Bewaffnungswettlauf, der schließlich die globale Boombranche der "body guards" hervorbringt.

"Da die staatlichen Sicherheitsorgane bisher nicht in der Lage waren, den Kriminalitätsanstieg einzudämmen, ist seit etlichen Jahren eine Privatisierung der Sicherheit festzustellen: Vermögende Bürger ziehen sich in spezielle Stadtviertel und umzäunte Wohnblicks zurück, die von einem Her privater Wachmänner abgeschirmt werden. In besonders armen, von hoher Bandendelinquenz geprägten Großstadtvierteln haben sich gleichzeitig bewaffnete Bürgerwehren (sog. "Selbstverteidigungsgruppen") gebildet, die nach eigenen Kriterien Justiz ausübern und dort die Staatsgewalt ausüben."[18] Obwohl diese Zustandsbeschreibung Kolumbien gilt, ist sie für eine große Zahl von Ländern, nicht nur in der Dritten Welt, gleichermaßen gültig. Angesichts der Vielfalt und globalen Ausbreitung expandierender privater Organisation von Sicherheit ist nach Zusammenhängen zu fragen. Allerdings wäre es zu einfach, diese Expansion einfach mit den Kompetenzverlusten des Nationalstaates zu erklären. Vielmehr deutet vieles darauf hin, daß es sich auch um eigendynamische Prozesse handelt, die jedoch immer auf Ausgrenzung und gesellschaftliche Polarisierung hinauslaufen. Denn Sicherheit transformiert sich von einem allgemeinen Grundrecht zu einer Ware, über deren Verteilung auf einem Markt die Kaufkraft des einzelnen entscheidet. Die zunehmende Marktlogik impliziert auch eine Internationalisierung bzw. Globalisierung der Akteure auf der Angebotsseite.

Völlig losgelöst von kriminologischen Erkenntnissen füllen Forderungen nach vermehrter Produktion von Sicherheit überall die Wahlplattformen von Parteien. Die politischen Diskurse sind derart grob populistisch, daß für eine Diskussion über Produktivität von Maßnahmen, also ein Rückgriff auf unabhängige Experten, kein Raum bleibt. Sie schaffen das Klima für eine angebotsorientierte Expansion[19] der "Sicherheitsindustrie", die auf parallel wachsende staatliche und private Nachfrage bauen kann. Die profitorientierte Versicherungsindustrie[20] wirkt als zusätzlicher Brandbeschleuniger, der die allgemeine Sicherheitshysterie steigert und die rasante Expansion privater Sicherheitsdiesnte fördert.

Privatisierung im Sicherheitsbereich und soziale Polarisierung erscheinen als sich gegenseitig verstärkende Entwicklungen, die zu latenten LIC-Szenarien neuer Art eskalieren können. Vigilantegruppen (Bürgerwehren), präventive soziale Kontrolle, Selbstjustiz bis hin zu gesponsorten Mordkommandos[21] sind Indikatoren der Eskalation. Welche Differenzierungen gibt es? Welche privaten Sicherheitsvorkehrungen wirken konfliktmindernd und welche -verschärfend. Über diese Fragen werden relativ isolierte Diskurse geführt, die zusammengeführt werden müssen. Insbesondere gilt es, kriminologische Erkenntnisse über Ursachen von Verbrechen daraufhin zu prüfen, was sie für die Analyse von Konfliktgenesen und den Übergängen zu kriegerischer Gewalt hergeben.

Weitreichender ist die Privatisierung des Sicherheitsbereiches dort wo der Staat entweder das Gewaltmonopol bislang nicht vollständig durchsetzen konnte oder aber staatliche Strukturen implodieren. Zumeist wirkt die gegenwärtige ökonomische Krise des Staates als Auslöser für die dynamische Entstehung asymmetrischer innergesellschaftlicher Sicherheitsstrukturen. Es ist zu fragen, inwieweit der gegenwärtig vorherrschende Trend in der Weltwirtschaft und dessen sozialen Auswirkungen, sowie seine ideologische Begleitung, gesellschaftliche Konflikte so verschärfen, daß sie sich gewaltförmig entladen (werden). Die Konfliktlinien ihrerseits haben endgültig den nationalstaatlichen Rahmen verlassen. Entsprechend formieren sich Gewaltakteure und zum Einsatz von Gewaltmitteln neigende illegale Sektoren agieren international (Mafia, Drogenindustrie, Fluchtgewerbe, fundamentaloppositionelle rechtsradikale Gruppierungen, Heilsbewegungen u.a.m.). Als Abwehr dieser Tendenzen scheint sich eine komplizierte Gemengelage aus individueller, gruppenspezifischer, privater Produktion von Sicherheit und staatlichen Instrumenten zu entwickeln, die sich von den derzeit herrschenden Rechtsnormen entfernt. An die Friedensforschung richtet sich die Frage: Handelt es sich dabei um einen Transformationsprozeß gesellschaftlich produzierter Gewalt, der traditionelles Kriegsgeschehen ablöst? Wenn ja, ist dies ein legitimes, zentral wichtig werdendes Arbeitsfeld der Friedensforschung[22], das ihre dominant politologischen Wurzeln sprengt?

Steigender Anteil des BSP für "Sicherheit":

Konventionelle Vergleiche von Sicherheitspolitik sind auf die sog. äußere Sicherheit ausgerichtet und benutzen die jeweiligen Militärausgaben als Parameter. Spätestens seit Ende des Kalten Krieges wird allseitig eine Minderung dieser Aufwendungen festgestellt, anfangs wurde euphorisch von einer Friedensdividende gesprochen. Es entspricht den Schemata des Kalten Krieges, Militäraufwendungen der äußeren Sicherheit zuzuschlagen. Tatsächlich aber sind die Streitkräfte der großen Mehrzahl der Staaten, vor allem der postkolonialen Staaten, vorrangig Organe der inneren Sicherheit. Wenn daher parallel zum Ende der West-Ost Konfrontation auch dort die Militärausgaben[23] sinken, dann ist es wenig wahrscheinlich, daß dies ursächlich auf eine veränderte äußere Sicherheitslage zurückzuführen ist.

Vor diesem Hintergrund müssen die Bestrebungen führender Industrieländer, u.a. einer deutschen Initiative folgend, Entwicklungshilfe mit dem Ziel zu konditionieren, übermäßige Militärausgaben zu sanktionieren, immer dort falsche Signale setzen, wo die Funktion der Streitkräfte überwiegend nach innen gerichtet ist. Zumindest wäre zu prüfen, inwieweit die Streitkräfte mit legitimen Ordnungsfunktionen oder anderen Dienstleistungen[24] befaßt sind. Hierzu notwendige International vergleichende Untersuchungen, die die Gesamtheit der staatlichen Sicherheitsaufwendungen zum Gegenstand haben, gibt es kaum[25]. Tatsächlich wäre entwicklungspolitisch eine Konditionierung im Hinblick auf die tatsächlichen Funktionen der Gesamtheit der Sicherheitsapparate[26] und des damit verbundenen Einsatzes von staatlichen Mitteln sehr viel sinnvoller. Die zu formulierende Frage müßte lauten, sind die Aufwendungen für Sicherheitspolitik insgesamt so angelegt, daß sie mit dem Ziel einer konsensorientierten Gesellschaft verträglich sind.

Die Minderung der Militärausgaben in den letzten Jahren ist jedoch nur die eine Seite. Ihr steht eine massive Steigerung der öffentlichen und privaten Aufwendungen für Sicherheit gegenüber. Auch wenn es aufgrund der breiten institutionellen Streuung dieser Aufwendungen keine harten Zahlen gibt, kann man anhand vielfältiger Beobachtungen die Hypothese wagen, daß sich gesamtgesellschaftlich in den meisten Ländern die Aufwendungen für Sicherheit —äußere, innere und individuelle zusammengenommen — in den letzten Jahren eher erhöht haben.

Einerseits erhöhen zahlreiche Industriestaaten ihre Ausgaben für die innere Sicherheit kontinuierlich und andererseits wachsen weltweit die privaten Sicherheitsaufwendungen. Letztere Entwicklung ist in vielen Fällen mit einer dramatischen Erosion des staatlichen Gewaltmonopols verbunden. Allerdings handelt es sich bei der "Privatisierung von Sicherheit" nicht notwendig um eine Einschränkung des staatlichen Monopols[27]. Private Sicherheitsdienstleistungen bilden weltweit einen weit überdurchschnittlich expansiven Sektor, weil sich die Privatisierung von polizeilichen Aufgaben[28] und eine von Kriminalitätsangst gespeiste Welle privater Sicherheitsaufwendungen zu einem Nachfrageboom kumulieren. Neben der privaten Sicherheitsindustrie schließt diese Privatisierung aber auch die Selbstorganisation ("self-policing")[29] der Bürger ein. Die nicht zuletzt von wirtschaftlichen Interessen angeheizte Sicherheitsdebatte führt zu einer latenten Konkurrenz zwischen privatem und öffentlichem Sicherheitssektor, die sich in einer erheblich verschärften Strafandrohung und einer rapide wachsenden Zahl Inhaftierter niederschlägt[30].

Vor diesem Hintergrund haben sich inzwischen Ökonomen dem Thema angenähert und untersuchen die wachsenden Belastungen der Volkswirtschaft bzw. die Wohlfahrtverluste, die durch die innergesellschaftliche Aufrüstungsdynamik entstehen. Freeman[31] hat für die USA Anfang der neunziger Jahre auf der Grundlage eher konservativer Annahmen einen Wohlfahrtsverlust von rund 4 % des Bruttosozialproduktes durch Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalität ermittelt.

Seither sind die Aufwendungen für die Strafverfolgung und insbesondere das sich explosionsartig entwickelnde Gefängniswesen in den Vereinigten Staaten drastisch gestiegen. Multinational tätige Unternehmen erstellen im Rekordtempo neue Gefängnisse. Während der Anteil der Ausgaben für Bildung am Haushalt des Staates Kalifornien sinkt, belasten die Strafverfolgungskosten die Staatskasse immer stärker, so daß sich die Frage stellt, wie lange kann es sich der Staat leisten, Kriminalität durch möglichst dauerhaften Ausschluß der Straftäter[32] zu bekämpfen. Zwischen 1980 und 1995 hat sich der Anteil der Straverfolgungskosten am kalifornischen Staatshaushalt von 2 % auf 9,9 % erhöht[33]. Die Bundeszuschüsse für Strafverfolgung gehen bevorzugt an Staaten, die den härtesten Strafvollzug haben und Strafen niemals auf Bewährung vor Ablauf von 85 % der verhängten Strafe aussetzen[34]. Konsequenterweise suchen einige Law und Order Politiker nach privatwirtschaftlichen Auswegen aus dem Dilemma. So setzt sich der Gouverneur von Arizona dafür ein, "die Produktion" ins kostengünstige Ausland zu verlagern. Er möchte trotz verfassungsrechtlicher Bedenken im benachbarten Mexico private Gefängnisse mit dem Strafvollzug Arizona's beauftragen[35]. Diese geplante Produktionsverlagerung karikiert beispielhaft die Relativierung des Staates gegenüber der übermächtigen Logik des globalen Marktes. Andere Autoren schätzen einzelne Positionen der Wohlfahrtsverluste durch Kriminalität und ihre Bekämpfung deutlich höher ein als Freeman. So schätzt DiJulio, daß die Ausgaben für private Sicherheitsdienste inzwischen doppelt so hoch sind wie die gesamten Aufwendungen für die Polizei. Eine Schätzung der sehr hohen Ausgaben amerikanischer Bürger für die vielfältigen Produkte der amerikanischen Sicherheitsindustrie scheint nicht vorzuliegen, nicht zuletzt, weil sie schwierige methodische Abgrenzungen vornehmen müßte.

Es kann aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit ziemlicher Sicherheit festgestellt werden, daß die meisten Positionen der privaten und öffentlichen Ausgaben für Sicherheit ohne militärische Verteidigung eine sehr hohe Wachstumsrate aufweisen. Daher gilt unabhängig von der Genauigkeit der 4 % Schätzung Freeman's, daß sich der säkulare Trend zur Ausgabensteigerung die Absenkung der Militärausgaben seit Ende der achtziger Jahre zu neutralisieren scheint und so noch nicht einmal rechnerisch ein Wohlfahrtsgewinn durch das Ende des Kalten Krieges zu Buche steht.

Jugend als globale Zeitbombe:

Das Versagen des Marktes, insbesondere des Arbeitsmarktes, gemessen an minimalen Standards von Sozialstaatlichkeit, provoziert strafbares Verhalten, das vorwiegend an illegaler Reproduktion ausgerichtet ist. Auch die radikale Deregulierung des Arbeitsmarktes kann nicht davon ablenken, daß vor allem unqualifizierte Jugendliche keine Chance auf dem legalen Arbeitsmarkt haben, zumal es als gesichert gelten kann, daß illegale Tätigkeiten einen höheren Ertrag[36] bei geringerem Aufwand, aber größerem Risiko bieten. Allein aufgrund der demographischen Entwicklung in den USA, starkes Wachstum des Anteils Heranwachsender, gehen Kriminologen von einem erheblichen Anstieg der Kriminalität in der ersten Dekade des nächsten Jahrhunderts aus[37].

Vom politischen Konsens einer Mehrheit getragen fungiert die staatliche Sozialkontrolle dort als Organisator von dauerhaftem Ausschluß und "containment", wo der Markt als gesellschaftlicher Integrator versagt. Ist der Staat damit überfordert oder wird es zumindest so wahrgenommen, dann entfaltet sich zusätzlich ein eigendynamischer privater "Aufrüstungsprozeß". Dieser amerikanische Entwicklungspfad läßt sich selbstverständlich nicht einfach auf andere Gesellschaften übertragen, aber die strukturellen Gegebenheiten verweisen auf parallele Probleme auf zumeist höherem Niveau.

Nahezu weltweit versagt der Arbeitsmarkt als Integrator der gegenwärtigen Generation Jugendlicher, mal mehr und mal noch mehr. In den USA ist dies als eine wichtige Wurzel der Kriminalitätsentwicklung klar beschrieben worden. Im Unterschied zu den USA versagt der Arbeitsmarkt vor allem in der Dritten Welt in noch sehr viel stärkerem Maße, zumal der Anteil Heranwachsender an der Bevölkerung in der Regel sehr viel höher ist. Ein großes Segment der Jugendlichen bleibt zwangsläufig ausgegrenzt[38]. Intergenerationelle Rollenmodelle sind entwertet, vor allem auch als Folge der massiven Land-Stadt Migration. Einzig der illegale Sektor der Ökonomie bietet Entfaltungs- und eigenständige Reproduktionsmöglichkeiten. Aber auch dieser Sektor kann nur einen Teil der Jugendlichen absorbieren. Im Kampf um die Teilnahme am illegalen Sektor bilden sich konkurrierende Korporationen aus Jugendlichen, die von außen als "Gangs (Banden)" wahrgenommen werden. Sie sind staatengleich nach dem Territorialprinzip organisiert. Identitätsbildung und Entwicklung von Selbstwertgefühl sind nur außerhalb der gesellschaftlichen Normen möglich.

Die absolut fragile Lebenslage eines mehr oder weniger großen Teils der Jugendlichen erlaubt ihre Rekruitierung als Speerspitze extremistischer politischer Bewegungen und Kanonenfutter (Kindersoldaten) in den "neuen" innergesellschaftlichen Kriegen. Das Eintreten für radikale Ideologien ist attraktiv, schafft soziale Bindungen, indem es die "anderen" ausgrenzt. Die damit verbundene Heilserwartung, so unrealistisch sie auch sein mag, vermittelt dem Verlierer ein Gefühl der moralischen Überlegenheit und vermittelt so das ersehnte, aber strukturell (Arbeitslosigkeit) verweigerte Selbstwertgefühl. Noch unfähig zu einem rationalen Risikokalkül lassen sie sich leicht zu gewalttätigen Aktionen anstiften. Der klassische Fall der Infitada verdeckt eher, daß Jugendliche oder Studenten[39] in vielen Krisen der Gewalt auslösende Faktor sind. Rein demographisch betrachtet kann sich diese Rolle der Jugendlichen in der Politik und als soziales Störpotential nur verstärken, solange sich die formale Ökonomie ihnen gegenüber weitgehend als "closed shop" präsentiert. Identitätsbildung und Entwicklung von Selbstwertgefühl unter der Bedingung des gesellschaftlichen Ausschlusses konstituieren ein abweichendes Normensystem, gesellschaftlichen Werte verlieren an Gültigkeit.

Ohne systematische und breit angelegte Öffnung des "closed shop", was einen grundlegenden Paradigmenwechsel in Ökonomie und Politik erfordern würde, spricht alles für eine Verbarrikadierung des Systems und aktive Abwehr von "Störungen". Die hohe Rate der afro-amerikanischen und hispanischen jungen Männer in den Vereinigten Staaten, die entweder eine Strafe absitzen oder unter Auflagen der Justiz leben, zeigt die Akzeptanz von Ausgrenzung an[40]. Die statistisch vorgezeichnete Eskalation der gesellschaftlichen Polarisierung macht die Veränderung bisheriger rechtsstaatlicher Normen im Rahmen der "Gefahrenabwehr" wahrscheinlich. Noch bestehende Schranken für die private Produktion von Sicherheit mit der Konsequenz des Ausschlusses und vielfältiger gesellschaftlicher Apartheid werden verschwinden. Staat als ökonomisches Kalkül: Viele Staaten sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, das zum reibungslosen Ablauf der weltmarktintegrierten Segmente der Volkswirtschaft notwendige "containment" der Ausgeschlossenen weder durch polizeiliche Tätigkeiten noch durch den Einsatz von Militär zu leisten. Häufig wird der geschwächte Staat von den dominanten wirtschaftlichen Sektoren in der einen oder anderen Form usurpiert. Die wirtschaftliche Dominanz von weltmarktintegrierten Sektoren führt im geschwächten Staat dazu, daß die notwendige Produktion von Sicherheit als private Dienstleistung effektiviert wird.

Entwickeln sich jedoch die Konflikte, die unter anderem wegen der "verweigerten Integration" der nachwachsenden Generation zu explosiver Instabilität führen, zum Hindernis für die dominanten Sektoren und lassen sich auch durch die Usurpation des Staates nicht zu angemessenen Kosten begrenzen, dann setzt Kapitalflucht ein und Auslandskapital wird abgezogen.

Im Wettlauf mit der krisenhaften Zuspitzung benötigt der geschwächte Staat erhöhte Ressourcen zur "Produktion von Sicherheit" für die weltmarktintegrierten Sektoren. Erhöhte Steuern und Zölle erweitern ungewollt, aber zwangsläufig die Sphäre des illegalen Sektors[41] und verschärfen so unausweichlich die Krise. Es handelt sich um ein systemisches Sicherheitsdilemma des geschwächten Staates. Der Versuch innergesellschaftlich aufzurüsten, um Sicherheit zu produzieren, verfehlt regelmäßig das intendierte Ziel. Jeder scheinbare Sieg schafft neue, zumeist größere Probleme, nicht zuletzt, weil repressive Kontrolle zur Entgrenzung der zur Gegenwehr eingesetzten Mittel führt. Der latente Bürgerkrieg in Karachi verläuft weitgehend auf diesem Pfad[42].

Geschwächte Staaten entwickeln zwangläufig gallopierende Korruption. Sie entfaltet sich einer Kaskade gleich und wird in ihrer Wachstumsphase zur sozialen Norm. Die Trennung von Politik und Wirtschaft verschwindet, ausschließlich "Politunternehmer" bestimmen die Entwicklung. Sie bemächtigen sich des Staates, er bildet eine opportune Ressource zur Förderung ihrer partikularen Interessen. Entgegen der ideologischen Vorerwartung hat die durchgängige Liberalisierung keine korruptionsmindernde Wirkung, eher im Gegenteil, wobei sich die Ebene verlagert, auch hier eben Privatisierung[43].

Kritisch wird es, sobald die korruptive Dynamik in die Phase ihrer Erschöpfung eintritt, weil der notwendige Aufwand sich nicht mehr rechnet. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt eskaliert der ökonomisch-politische Ausscheidungskampf. Der Einsatz physischer Gewalt, z.B. war es in den vergangenen Jahren lebensgefährlich, in Moskau Bankdirektor zu sein, und eine häufig konkurrierende Sammlung von ideologisch aufgeladenem Fußvolk, das als politischer Stoßtrupp fungiert, kennzeichnen das Geschehen. Gleichzeitig verlieren die Ressourcen, vor allem Schürf- und Explorationsrechte, erheblich an Marktwert, weil hohe Risikoabschläge den Preis bestimmen. Nur noch marginale Investoren aus den Grauzonen des Weltmarktes investieren und waschen Geld. Gegenwärtig scheint Kenia auf diesem Pfad weit fortgeschritten. In Sierra Leone ist die Situation in einen kriegerischen Konflikt eskaliert, in den ein internationales Söldner- und Sicherheitsdienstleistungsunternehmen von einer Konfliktpartei mit Erfolg angeheuert wurde[44].

Insgesamt haben die vormaligen politischen Allianzen autoritärer, aber teurer Regime mit weltmarktorientierten Sektoren aus Kostengründen viel ihrer Handlungsfähigkeit eingebüßt. Die loyalitätsbildende Kaskade der Korruptionsrevenue trocknet aus. Der Machtkampf verschärft sich und ist durch gewalttätige Eruptionen gekennzeichnet. Besonders für die unterliegende Seite ist eine faktische Auflösung und Segmentierung[45] des Staates eine Versuchung. Denn die Flexibilität des globalen "sourcing" erzwingt die privatwirtschaftliche Optimierung der Produktionskosten, einschließlich der Sicherheitskosten. Der Staat beginnt zu zerfallen, äußeres Merkmal ist ein innergesellschaftlicher kriegerischer Konflikt zumeist niedriger Intensität mit häufig mehr als zwei Parteien. Die Konfliktparteien agieren unter der Führung eines "warlord" als Sicherheitsmakler für freie Exportproduktionszonen[46] neuen Typs, aus denen Oil, Diamanten, Holz, Edelsteine, Erze usw. auf den Weltmarkt gelangen. Es bedarf zwar eines wirtschaftskriminellen Maklers, aber substaatlichen Akteure werden zu direkten Geschäftspartnern des Weltmarktes, dessen Akteure von einem Illegalitätsrabatt[47] profitieren.

Derartige Prozesse werden zwar auch als Vorstufe zur Bildung neuer Staaten interpretiert. Gegen diese Sichtweise spricht, daß diese Bürgerkriegsökonomien sich durch und durch kriminalisieren und je nach den Voraussetzungen eine verstärkte Rolle in Drogenproduktion bzw. internationalem Transithandel spielen. Es entwickelt sich die extremste Form privatisierter Sicherheit in einem Umfeld, in dem die wirtschaftlichen Transaktionen auf Androhung und Ausübung physischer Gewalt beruhen. Rechtsnormen haben keine Gültigkeit. Eine Rekonversion dieser gewaltregulierten Ökonomien in einen marktregulierten Zustand mit legitimer Staatlichkeit ist ohne massive Intervention von außen wenig wahrscheinlich. Wahrscheinlicher hingegen sind Versuche, der angeeigneten Ökonomie einen Mantel von Staatlichkeit zu verleihen, ohne ihre gewaltregulierte Struktur zu verändern. Kambodscha bewegt sich auf einem solchen Entwicklungspfad. Auch der "Wahlsieg" Taylors in Liberia ist noch keine Abweichung von diesem Pfad.

Gelegentlich vereinen sich die Interessen auswärtiger Mächte mit derartigen Entwicklungen, ebenso wie die ökonomischen Interessen an den weltweiten Erdöldiktaturen nahezu alle Prinzipien demokratischer Außenpolitik ausblenden. In beiden Situationen wird versucht, das ökonomische oder strategische Interesse mit möglichst niedrigem politischem Profil wahrzunehmen. Ein Verfahren, das politische Profil abzusenken, ist die Privatisierung militärischer Unterstützungsdienstleistungen. An die Stelle der Entsendung militärischer Berater und Ausbilder treten private Dienstleistungsunternehmen. Die finanziellen Mittel für diese Dienstleistungen sind in der Regel gleichwohl in den Haushalt der jeweils interessierten Macht eingestellt. Diese Verfahrensweise erleichtert im Zweifelsfalle eine außenpolitische Distanzierung, wenn die gewährte Unterstützung nicht zum gewünschten Resultat führt oder die gewählten Mittel nicht mit demokratischen Standards vereinbar sind.

Zwar ist diese Art der militärischen Unterstützung nicht gänzlich neu, vor allem britische militärische Unterstützung hat sich bereits in den siebziger Jahren im persisch-arabischen Golf privater Akteure bedient. Jedoch gibt es deutliche Anzeichen dafür, daß die Privatisierung militärischer Unterstützungsdienstleistungen inzwischen zum dominanten Muster in diesem Bereich geworden ist. Auf der Angebotsseite sind sehr große Unternehmen entstanden, die in einem Fall einen Jahresumsatz von 1 Mrd. US Dollar erreichen. Sie zielen auf zwei unterschiedliche Märkte.

Der erste Markt ist entstanden, weil das amerikanische Verteidigungsministerium ein systematisches "outsourcing" der militärischen Unterstützungsdienstleistungen betreibt. In der Regel sind es in den Ruhestand getretene Offiziere der amerikanischen Streitkräfte und ehemaliges Personal des State Department und der Geheimdienste, die diese Unternehmen führen. Der zweite Markt ist aus einer Nachfrage bereits stark zerfallener Staaten entstanden, in denen sich jeweilige Regierungscliquen von der Investition in private militärische Dienstleistungen bis hin zu Söldnerkampftruppen den entscheidenden Beitrag in der Auseinandersetzung um die umkämpften Pfründe[48] versprechen. In der internationalen Presse standen in jüngster Zeit die Tätigkeit das südafrikanische Unternehmen "Executive Outcomes"[49] und die Londoner Firma "Sandline International"[50] im Vordergrund. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß sie nur die Spitzen eines Eisberges bilden.

Aber diese beiden Märkte sind lediglich eine idealtypische Konstruktion. Im realen außenpolitischen Geschehen vermischen sie sich. Die Ausbildungsaktivitäten des amerikanischen Unternehmens "Military Professional Resources Incorporated (M.P.R.I.)" in Kroatien und Bosnien-Herzegowina mögen als Beispiel dienen. Unter Führung amerikanischer Generäle im Ruhestand hat M.P.R.I. innerhalb von drei Jahren die kroatische Armee in den Stand versetzt, die Rückeroberung der Krajina mit militärischen Mitteln zu vollziehen. Dieses Beispiel wird Schule machen. Bei der Beurteilung dieser Entwicklung wird man genau unterscheiden müssen, zwischen legitimer Nachfrage nach kosteneffizienter militärischer Ausbildungsdienstleistung und Beratung, die von international operierenden Firmen angeboten wird und Nachfrage aus den Grauzonen zerfallender Staatlichkeit nach militärischen Diensten verschiedenster Art bis hin zu Kampfaufträgen. Durch das massive "outsourcing" von Militärhilfe, vor allem in den Vereinigten Staaten, wird die politische Kontrolle ("accountability") sehr erschwert. Denn viele Informationen werden in Zukunft hinter "schutzwürdigen Interessen" dieser Unternehmen verborgen bleiben. Eine genaue Abgrenzung wird aber immer schwierig bleiben, entsprechend widersprüchlich sind die Reaktionen auf diese expansive Märkte. Sie reichen von Verbot bis hin zur raschen internationalen Verrechtlichung[51].

Dort wo der Zerfall von Staatlichkeit sich weiter fortsetzt, wird es steigende Nachfrage auf diesem expandierenden Markt militärischer Sicherheit geben. Gebremst wird diese Entwicklung lediglich durch die hohen Kosten, die diese "Experten" neuen Typs verursachen. Daher dürfte die Nachfrage einem scharfen wirtschaftlichen Kalkül unterliegen, das sich aus der Rentabilität der zu schützenden Exportproduktion, meist im Primärsektor, bestimmt. Häufig gehen in dieses Kalkül Übertragungen von Besitz- und Schürfrechten[52] an die Söldnerunternehmen ein und verknüpft diese Aktionen so mit den illegalen Zirkulationsphären der internationalen Wirtschaft, die von "off-shore" operieren.

Am Beispiel Afghanistans zeigt sich, daß Staatlichkeit im Zweifelsfalle ökonomischem Kalkül nachgeordnet ist. Für die durch und durch kriminalisierten Ökonomien des Landes ist eine zentralstaatliche Ordnung eher ein Störfaktor. Wenn die verschiedenen Kriegsfraktionen dennoch den Eindruck erwecken, sie strebten eine Rekonstrution des Nationalstaates an, so ist dies Ausdruck einer Rivalität um illegale Pfründe, die man jeweils zusätzlich kontrollieren möchte. Angereichert werden Bildung und Zerfall von Allianzen in diesem Dauerkrieg durch die Projektion strategischer Interessen von Nachbarstaaten, vor allem Pakistan, Iran und China.

Am unteren Ende der Hierarchie des Weltmarktes sind die Teilnehmer austauschbar. Die Ökonomien befinden sich in einem Zyklus korruptiver Lähmung, die illegalen Sektoren wachsen schneller als die formale Wirtschaft. Form und Umfang der Staatlichkeit werden von ökonomischer Opportunität bestimmt. Entsprechend niedrig ist häufig die Schwelle von Staatlichkeit angelegt, die den Rahmen legalen und illegalen Transaktionen auf den Weltmärkten bildet. Zerfallende Staaten und privatisierte Sicherheit: Bei genauerer Untersuchung der (Bürger-)Kriegsökonomien wird deutlich, daß viele der gegenwärtigen Kriege tatsächlich weitgehend privatisiert sind. Die finanziell ausgemergelten Regierungen erteilen zwar nicht- oder unterbezahlten Streitkräften einen Kampfauftrag. Die Truppen sind jedoch zunächst und häufig in erster Linie damit beschäftigt, für ihre Entlohnung durch Diebstahl, Raub und Erpressung zu sorgen. "Viele der gegenwärtigen Kriege erinnern an mittelalterliche Kriegsführung, die durch verbreitete Plünderung und die Vermeidung offenen Kampfes gekennzeichnet waren", hat David Keen[53] beobachtet und stellt fest, daß die jeweiligen Regierungen weitgehend die Kontrolle über die "eigenen" Streitkräfte verlieren. Er verweist auf Liberia, Sierra Leone und Kambodscha als Beispiele. Der Zustand in Zaire bereits lange vor dem Fall von Mobutu ist mit umfassender Privatisierung nahezu aller Staatsfunktionen ziemlich genau beschrieben. Die Armee war in marodierende Banden zerfallen, die Uniform und Kriegsgerät für ihre raubkriminelle Aktivitäten privatisiert haben[54]. Daher war der Versuch das Regime mit Hilfe ausländischer Söldner[55] zu retten, schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil sich das Regime selbst bereits atomisiert und privatisiert hatte. Auf dem Entwicklungspfad des Mobutu-Regimes sind aber zahlreiche weitere, korrupte und finanziell ausgemergelte Staaten mehr oder weniger weit vorangeschritten. Problematisch ist dabei vor allem, daß sich die Streitkräfte ökonomisch zwangsweise aus Not[56] oder auch gezielt durch häufig illegale Aneignung von Pfründen[57] vom Staat, den sie repräsentieren sollen, ablösen.

Meist noch schlechter ist es um den Zustand der Polizei bestellt. Schlecht ausgebildet, kaum bezahlt sind Polizisten weltweit in einer sehr großen Zahl von Staaten faktisch im Solde von illegalen Sektoren und schützen die sich ausbreitende Symbiose der regulären Ökonomie mit kriminellen Aktivitäten oder treten selbst als Diebe und Erpresser auf, vor allem gegenüber dem ärmeren Teil der Bevölkerung. Besonders virulent entwickelt sich kriminelle Gewalt im Kontext formal beendeter Kriege, weil dort zahlreiche freigesetzte Soldaten, meist alternativlos, sich der Raub- und Gewaltkriminalität als Erwerb zuwenden. In El Salvador ist nach Beendigung des Konfliktes die Zahl der ermordeten Personen höher als die der Opfer während des Bürgerkrieges[58]. Südafrika wird von einer Kriminalitätswelle geschüttelt, die alle Rekorde bricht. Als Reaktion sind bereits neue private bewaffnete Formationen sog. Selbstverteidigung entstanden, die sich als Kämpfer für eine andere Gesellschaftsordnung[59] verstehen. In der ideologischen Überhöhung oder auch Instrumentierung durch Eliten derartiger Selbstverteidigung ist bereits wieder der Virus zu Konflikten gelegt, die erneut zu der Schwelle eskalieren, von der ab Politologie und Friedensforschung von Krieg sprechen.

Allgemein gilt:

Private Organisation von Sicherheit durch individuelle und kollektive Selbstverteidigung wird zur gesellschaftlichen Norm. Eine nach oben nicht begrenzte gesamtgesellschaftliche Aufrüstungsdynamik prägt die Entwicklung so sehr, daß die beschriebenen Charakteristika gegenwärtiger Kriege sich keineswegs auf Länder im Kriegszustand beschränken. Vielmehr deutet sich an, daß die Unterscheidung zwischen Krieg und Gewaltkriminalität immer schwieriger und deshalb die Unterscheidung zwischen Kriegs- oder Friedenszustand in vielen Ländern fragwürdig wird.

Weltmarkt und organisierte Kriminalität entwickeln sich parallel. Einiges spricht dafür, daß die illegale Ökonomie höhere Wachstumsraten aufzuweisen hat[60]. Begreift man die illegale Ökonomie als angebotsgesteuert, wofür die wachsende soziale Polarisierung und der massive Ausschluß der Jugend von der regulären Ökonomie spricht, dann sind alle Staaten einem zunehmenden Kriminalitätsdruck ausgesetzt. Die konkreten Auswirkungen sind einerseits abhängig von der Leistungsfähigkeit der staatlichen Sicherheitsorgane und andererseits dem Entwicklungsstand privatisierter Sicherheit. Um die Logik von Kriminalisierung und illegaler Ökonomie zu verstehen, muß man sich die beschäftigungspolitischen Auswirkungen veranschaulichen. Die ökonomisch "erzwungene" Kriminalisierung der Gesellschaft öffnet zunächst für die Ausgeschlossenen reproduktive Rollen an drei verschiedenen Orten der Dynamik. Da ist zunächst die Bande[61], die nach dem Territorialprinzip Sphären krimineller Bereicherung schafft und verteidigt. Als Reaktion entstehen sog. "vigilante" Gruppen, die einen weiteren Teil der männlichen Jugendlichen absorbieren. Schließlich expandiert die Sicherheitsindustrie und bietet viele, meist schlecht bezahlte Jobs. Diese legale und illegale Beschäftigungsdynamik der gesellschaftlichen Verunsicherung hat jedoch längst keine hinreichend stabilisierende Wirkung.

Vielmehr betreiben viele Staaten, die nicht in der Tradition europäischer sozialer Demokratie stehen, eine Politik des massiven formalen Ausschlusses als Reaktion auf Kriminalität[62], soweit sie über die notwendigen Ressourcen und die erforderliche Autorität verfügen. Trotz des sehr viel geringeren Kriminalitätsniveaus in Europa droht gegenwärtig die Philosophie des Ausschlusses auch hier an Boden zu gewinnen, obwohl es keine gesicherten Kenntnisse gibt, daß diese verschärfte Strafjustiz das Kriminalitätsniveau mindert. Die bislang blinde Akzeptanz des amerikanischen Paradigmas in der Drogenpolitik fördert diese Entwicklung. In manchen Ländern der Dritten Welt bedurfte es massiven diplomatischen Druckes der Vereinigten Staaten, um Drogen zu kriminalisieren.

Denn man muß bei der als dramatisch empfundenen Kriminalitätsentwicklung in den Vereinigten Staaten berücksichtigen, daß sie durch die kulturell produzierte und politisch durchgesetzte Kriminalisierung[63] des Drogenkonsums zu einem erheblichen Teil erklärt wird. Die Begründungen für diese Kriminalisierung sind zumindest brüchig, worauf auch national unterschiedliche Drogenpolitiken[64] verweisen. Es stellt sich die Frage, welcher Art die Auswirkungen dieser imperial durchgesetzten kulturellen Wertung sind und ob es eine hintergründige Logik gibt.

Die recht willkürliche Kriminalisierung des Drogenkonsums schafft eine parallele globale Ökonomie. Eine Bewertung, ob sie nun krisenverschärfend die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt, wie es die politischen Diskurse suggerieren oder ob es sich nicht auch um eine Abfederung der polarisierenden Auswirkungen von Globalisierung mit neo-liberalem Vorzeichen handelt, ist wohl abhängig vom Standpunkt des jeweiligen Betrachters. Einerseits gefährdet die illegale Ökonomie die Rechtsordnungen[65], derer funktionierende Märkte in demokratischen Gesellschaften bedürfen. Andererseits kann man den Drogensektor auch als eine gigantische "globalisierte" Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschreiben. Die Bekämpfung dieses kriminalisierten Sektors spielt eine zentrale Rolle in der amerikanischen Außenpolitik, die dabei vor interventionistischen Maßnahmen nicht zurückschreckt. Regierung und Kongreß überbieten sich gegenseitig in der internationalen Drogenbekämpfungspolitik. Sie wird populistisch als Beitrag zur inneramerikanischen Sicherheit dargestellt, unterschwellig erscheinen die Kriminalitätsprobleme in den Vereinigten Staaten so als importierter Virus, den es gemeinsam abzuwehren oder noch besser weltweit auszumerzen gilt. Diese Figur lenkt von möglichen gesellschaftlichen Ursachen ab und wirkt zugleich über viele andere soziale Brüche hinweg (sicherheits)identitätsstiftend bei einer "moralischen" Mehrheit der im Boot der regulären Ökonomie Sitzenden. Von diesem "importierten" Virus Befallene hingegen müssen in Quarantäne, unter Umständen lebenslang.

Die amerikanische Drogenverbotspolitik und die sich auf die zweite Abänderung der amerikanischen Verfassung gründenden Freizügigkeit privaten Waffenbesitzes[66] vereinen sich politisch zu einer innergesellschaftlichen Sicherheitshysterie und privaten Aufrüstungsdynamik, die die Vereinigten Staaten zum Vorreiter aller Formen privatisierter Sicherheit machen. Dies läßt sich dahingehend interpretieren, daß die Privatisierung der Sicherheit sowohl eine Reaktion auf den zerfallenden Staat als auch ein eigendynamischer Prozeß ist, der sich aus einer Feindbildprojektion neuer Art speist. Wagenburgen des Weltmarktes in den Meeren ökonomischer Apartheid? Die Bildhaftigkeit der Überschrift dieses letzten Abschnittes soll deutlich machen, daß es sich um eine tastende Annäherung an Thesen zum Verhältnis von Privatisierung der Sicherheit und Wandel kriegerischer Konflikte handelt, die noch provisorischen Charakter haben. Die hier vorgetragenen Beobachtungen sind der Versuch, verschiedene Trends zu einer tiefgreifenden Privatisierung von Sicherheit in ihrer kumulativen Wirkung zu beschreiben. Die Trends der Privatisierung reichen von der passiven Sicherheit, dem "target hardening" gegen kriminelle Akte bis hin zu modernen Raubrittern, die militärische Dienstleistungen an zerfallende Staaten verkaufen, es aber auf die Aneignung und Ausbeutung von Ressourcen dieser Staaten abgesehen haben.

Diejenigen Faktoren, die die unterschiedlichen Privatisierungsprozesse ausgelöst haben, scheinen sich sämtlich zu verstärken, zum Teil in beängstigendem Ausmaß. Dies gilt vor allem für die mangelnde Kapazität des globalen Arbeitsmarktes, die Heranwachsenden in hinreichender Zahl zu integrieren und die fortschreitende Polarisierung der nationalen und internationalen Einkommensprofile. Bei Fehlen umfassender sozialstaatlicher Absicherung ist die Entwicklung irregulärer und illegaler Zirkulationssphären[67] eine unausweichliche Folge versagender regulärer Arbeitsmärkte. Struktureller Ausschluß vom regulären Arbeitsmarkt schafft ein risikobereites Rekrutierungspotential für Tätigkeiten jedweder Art in illegalen Zirkulationssphären. Der von den Vereinigten Staaten aktiv verfolgte imperiale Anspruch, die in der amerikanischen Gesellschaft entwickelte Drogenpolitik global durchzusetzen, hat global die vitalste illegale Zirkulationssphäre geschaffen. Die Dynamik dieser parallelen wirtschaftlichen Kreisläufe dominiert einige Volkswirtschaften insgesamt und beherrscht in anderen Staaten ganze Regionen, manchmal grenzübergreifend.

Zu den Merkmalen illegaler Zirkulationssphären gehört, daß sie zwar der Logik von Angebot und Nachfrage unterworfen, aber letztlich auf der Angebotsseite doch nicht markt-, sondern gewaltreguliert sind. Die illegal angeeigneten Gewinne drängen im Nebel aktiver Korruption beständig in die reguläre Ökonomie und versetzen zusätzlich die kriminellen Barone in die Lage, global als Finanzraubritter zu agieren, die sich auf die Ressourcen angeschlagener Staaten konzentrieren. Die Abgrenzung zwischen der regulären Ökonomie und illegalen Zirkulationssphären verursacht einen eskalierenden Aufrüstungsprozeß, weil beide Seiten auf jeweilige "Sicherheit" angewiesen sind. Die Aufrüstung umfaßt sowohl passive Mittel als auch aktive Dienstleistungen. Als allgemeine Tendenz zeichnet sich ein einschneidender Funktionsverlust des Staates als Garant des Marktes gegen kriminelle Intervention ab. Sicherheit verliert die Eigenschaft eines allgemeinen Gutes und wird als private Dienstleistung zur Ware bzw. ist abhängig von der individuellen Fähigkeit durch investive Maßnahmen Vorsorge zu treffen. Die englische Redensart "my home is my castle" wird allgemein sinistre postmoderne Realität für alle, die es sich leisten können. Die auf diese Weise abgewehrte kriminelle Energie konzentriert sich zwangsläufig auf diejenigen, die sich am wenigsten wehren können und macht das Leben in der Armutsapartheid zur "kriminellen Hölle".

Je schwächer entweder Staatlichkeit entwickelt oder aber von einer mafiösen Machtclique usurpiert ist, umso umfassender und aggressiver entwickeln sich zwangsläufig Formen privatisierter Sicherheit. Im Extremfall sind alle bedeutenden Akteure auf intensiven Personenschutz angewiesen, weil der Staat die physische Unversehrtheit seiner Bürger nicht schützen und den notwendigen rechtlichen Rahmen für eine funktionierende Marktwirtschaft nicht aufrechterhalten kann. Legale und illegale Sphären, Politik und Wirtschaft verlieren an Trennschärfe. An die Stelle von Marktregulierung treten Korruption und Gewalt. Das Potential der Politik als Medium geregelten Konfliktaustrages schwindet. An die Stelle konsensgestützter Normen der Rechtsstaatlichkeit treten loyalitäts- und identitätsschaffende Ideologien, deren radikalisierende Attraktivität auf dem Angebot des Ausschlusses anderer beruht. Sie verdecken den perspektivlosen und kriminellen Ausbeutungscharakter derartiger Strukturen. Sie sind aber gleichwohl ein Brandsatz für gewalttätige Konflikte, deren Zielsetzung allerdings notwendig diffus und vor allem ohne wirtschaftlich tragfähige Perspektive ist. Vielmehr werden derartige Konflikte von einer Minderheit wirtschaftskriminell usurpiert und verstetigen sich hinter dem Rücken der Mehrheit zum Selbstzweck. Die Situation im ehemaligen Jugoslawien ist z.B. reich an Entwicklungen, die einem derartigen Muster entsprechen.

Allerdings sind Armut, gesellschaftliche und internationale Polarisierung keine neuen Erscheinungen, daher müssen die spezifische Konstellationen herausgearbeitet werden, die eine qualitative Veränderung gewaltförmiger Konflikte begründen und zu einer Revision des Kriegsparadigma führen.

Tiefe gesellschaftliche Umbrüche versperren die intergenerationelle Nachfolge in Positionen des regulären Arbeitsmarktes bzw. traditioneller Subsistenzwirtschaft. Der Ausschluß vom regulären Arbeitsmarkt bzw. die ökonomische Apartheid in urbanem Umfeld bilden die Hefe für normenbildende Kriminalität und Gewaltkriminalität mehr oder weniger großer Segmente der nachwachsenden Generationen. Ihnen bietet der legale Sektor der globalisierten Ökonomie keine identitätsstiftenden Rollen, Selbstwertgefühl kann sich nur im Kontext abweichender Normen entwickeln. Der täglich wachsenden Reservearmee ausgeschlossener Jugendlicher eröffnet sich gewaltbereite, gegen andere gerichtete Selbstbehauptung im zumeist instrumentalisierten Kollektiv einer militanten Ideologie als identitätsstiftende Option.

Der Zwang zu wirtschaftlicher Restrukturierung in Sinne der herrschenden makro-ökonomischen Trends als Folge abgewirtschafteter klientelistischer Regime beschleunigt den Zerfall staatlicher Strukturen. Die zur angestrebten marktwirtschaftlichen Regulierung notwendigen Rechtsnormen können nicht durchgesetzt werden. Dies gilt besonders in Afrika, aber auch für Teile der ehemaligen Sowjetunion. Folgen sind eine verstärkte Segmentierung der Gesellschaft, die mit einer expansiven Privatisierung der Sicherheit einhergeht, und eine eskalierende Kriminalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft, die sich zuweilen mit dem Mantel usurpierter Staatlichkeit bekleidet. Die kriminalisierten Zirkulationssphären sind heute parallel zum Globalisierungsprozeß international vernetzt und entsprechend flexibel. Das dort angesammelte Kapital hat Größenordnungen erreicht, die eine gezielte korruptive Aggression oder Gefährdung marktregulierter Volkswirtschaften ermöglichen. Mit Ausnahme des Anbaus von Rohstoffen für die Drogenökonomie handelt es sich um parasitäre Aktivitäten im tertiären Sektor. Sie lähmen die regulären Ökonomien und können schließlich deren Implosion befördern, wiewohl diese ihre eigentliche Existenzbasis sind. Das "offshore" angesammelte Kapital bewegt sich derweil zu neuen Standorten korruptiver Intervention, während vor Ort ein Stadium allgemeiner gewaltgestützter Plünderung und Zerstörung erreicht wird. Nicht zufällig bilden Jugendliche, sog. Kindersoldaten, die gewalttätige Speerspitze in solchen Situationen. Jedoch operieren unter dem Schutz effizienter privater Sicherheitsdienste Rohstoffextraktionsprojekte als Wagenburgen des Weltmarktes bis zur letzten Sekunde im Umfeld gewaltförmiger Konflikte und koalieren im Zweifelsfalle mit dem entsprechenden Warlord, um die Wagenburg fungibel zur erhalten. Einzige Bedingung, der Sicherheitsaufwand und die Abgaben an den Warlord rechnen sich.

In dem Maße, in dem sich eine Volkswirtschaft der Erschöpfung nähert, weil die parasitären Aktivitäten überwiegen, eskalieren die Formen der gesellschaftlichen Gewalt, die das Regulativ solcher Ökonomien bilden, und erreichen die Form innergesellschaftlicher Kriege. Diese gewaltförmigen Konflikte können trotz verschiedenster ideologischer Überbauten weder ihre Wurzeln in Raubkriminalität noch ihre Verflechtung in das internationale Netz illegaler Zirkulationssphären verleugnen. Entsprechend bilden sich latente Gleichgewichtszustände des Konfliktes auf niedriger Intensitätsstufe, weil sie die gewaltgestützte Bereicherung dominierender Akteure optimieren. Alternative Staatlichkeit oder genauer alternative wohlfahrtsorientierte gesellschaftliche Organisation sind als Gegenstand gewaltförmiger Konflikte weitgehend verloren gegangen.

Ökonomische Interessen und territoriale Kontrolle sind in der heutigen globalisierten Ökonomie soweit entkoppelt, daß Eroberungskriegen das ökonomische Kalkül entzogen ist. Die Mobilität des Finanzkapitals erlaubt eine globale Abwägung bei Allokationsentscheidungen. Zu den wichtigen Faktoren zählt Sicherheit, die aus Gründen der Effizienz und Kosten zunehmend als private Dienstleistung isoliert vom jeweiligen gesamtgesellschaftlichen Umfeld erbracht wird. So entstehen weltweit "sichere" Inseln der Weltmarkproduktion und der Lebenssphären der Beteiligten. Der Staat als Bindeglied zwischen diesen Weltmarktsegmenten und den in ökonomischer Apartheid lebenden Massen verliert an Bedeutung. Der Staat steht immer weniger im Zentrum der Eskalation von gewaltregulierter Konkurrenz in ökonomischen Grauzonen zu kriegerisch organisierten Konfrontationen.

Die umfassende Privatisierung der Sicherheit wird somit als systemische Antwort des Globalisierungsprozesses auf die von ihm generierten gesellschaftlichen Brüche und deren Gewaltmanifestationen interpretiert. Die parallen illegalen Zirkulationssphären befördern jeweils diese neue innergesellschaftliche Aufrüstungsdynamik. Entladungen in Gewalttätigkeiten von kriegerischen Dimensionen, mitunter als gesellschaftlicher Dauerzustand, werden vom politologischen Kriegsparadigma nicht erfaßt. Diese Entwicklungen müssen aber Gegenstand von friedensorientierter Forschung sein.

Hamburg, August 1997

Peter Lock
Kritik erwünscht !

Fußnoten:

[1] Stellvertretend siehe: Creveld, Martin van. The Transformation of War. New York (Free Press) 1991. Andere gehen noch für eine Übergangsphase davon aus, daß mittlere ('transitional') Mächte konventionelle Kriege führen. Siehe: Robert O'Connell, Alan Goldman, The Future of War: Implications for US Ground Forces, in: Low Intensity Conflict & Law Enforcement, Vol.5, No.2 (Autumn 1996), S.235-252.

[2] Bürgerkriege in Somalia und die Intervention von außen hatten die Rekonstruktion von Staat zum Ziel. Seit dieses Ziel aufgegeben wurde, gibt es in Somalia Zonen der Sicherheit. Zur Diskussion, ob dies eine geopolitisch relevante Alternative zur Bürgerkriegen ist, siehe: Thierry Vircoulon, La crise somalienne, in: Afrique contemporaine, No.177, 1er trimestre 1996, S.3-16.

[3] In der Rückschau war der friedenspolitische Diskurs beschämend weit von den Ursachen des Zusammenbruches der Sowjetunion und damit des Endes des Kalten Krieges entfernt. Das völlig unterschiedliche Prestige Gorbatschows in Deutschland und in Rußland spiegelt den Bias der Friedensforschung wider. Zur Illustration der analytischen Kurzsichtigkeit der Friedensforschung siehe: Jacques Sapir, L'économie mobiliée, Paris (L'Harmattan) 1990 (dt. Logik der sowjetischen Ökonomie oder die permanente Kriegswirtschaft, Hamburg (LIT) 1992.).

[4] Die Zahl der Mordopfer in der amerikanischen "inner city" übersteigt die Zahl der Kriegsopfer in den letzten amerikanischen Militäroperationen. Zwischen 1990 und 1994 sind in den USA etwa 120 000 Menschen ermordet worden, davon überdurchschnittlich viele in der "inner ctiy". Das entspricht dem Zweifachen der amerikanischen Kriegsopfer im gesamten Vietnamkrieg. Zit. nach: Norman Dennis Hg., Zero Tolerance Policing a Free Society, London (iea) 1997, S.128.

[5] Dies läßt sich aus den Konfliktbeschreibungen ablesen, verwertbares statistisches Material gibt kaum. Nimmt man die amerikanische Kriminaliätsstatistik als beste Annäherung, so kann die These als belegt gelten. Siehe: JohnJ. DiIulio, Jr., Help Wanted: Economists, Crime and Public Policy, in: Journal of Economic Perspectives, Vol. 10, No. 1-Winter 1996, S.3-24, bes: S.6f.

[6] Entgegen der verbreiteten Kriminalitätsangst ist gegenwärtig das Kriminalitätsniveau in den westlichen Industriestaaten auf niedrigstem Niveau, wenn man langfristige historische Trends betrachtet.Siehe hierzu: Eric A. Johnson, Eric H. Monkkonen eds., The Civilization of Crime Violence in Town and Country since the Middle Ages, Chicago (University of Illinois Press) 1996.

[7] Es darf jedoch nicht vernachlässigt werden, daß Klientilismus und eskalierende Korruption in vielen Fällen zu dem gleichen Ergebnis geführt haben.

[8] Hierzu: Alice Hills, Towards a Critique of Policing and National Development in Africa, in: The Journal of Modern African Studies, Vol.34, No.2, S.271-291. Eine systematische Einführung in diese Problemfelder in: A.E. Hills, The Policing of Fragmenting States, in: Low Intensity Conflict & Law Enforcement, Vol.5, No.3 (Winter 1996), S.334-354.

[9] Robert D. Kaplan, The Ends of the Earth A Journey at the Dawn of the 21st Century, New York (Random House) 1996.

[10] Dies schließt freilich eine punktuelle substaatliche Reorganisation dort nicht aus, wo für den Weltmarkt attraktive Ressourcen isoliert vom regionalen sozialen Umfeld mobilisiert werden können. Es gibt zahlreiche Beispiele der Kooperation zwischen substaatlichen Akteuren und transnationalen Konzernen unter Mißachtung staatlicher Souveränität. Siehe vor allem: Jean-Christophe Rufin, Les économies de guerre dans les conflits internes, in: François Jean, Jean-Christophe Rufin Hg., ÉconomieZahlreiche des guerres civiles, Paris (Hachette) 1996.

[11] Der Tenor des Entwicklungsberichtes 1997 scheint eine besorgte Reaktion auf Entwicklungen vor allem in Afrika zu sein. Dem Zauberlehrling gleich versucht der Bericht eine u.a. von der Weltbank angestoßene Entwicklung, die sich über die intendierte Zielrichtung hinaus verselbständigt hat, wieder ins Lot zu bringen. World Bank, World Development Report 1997 — The State in a Changing World, New York (Oxford University Press) 1997.

[12] Die Schaffung einer "Counterproliferation" Abteilung im Pentagon mit dem Amtsantritt Clinton's, die Szenarien präventiver militärischer Einsätze erarbeitet, ist ein Reflex derartiger Logik. Unter historischer Perspektive ist eher die politisch instrumentierte Aufmerksamkeit als das tatsächliche Ausmaß des heutigen Terrorismus beachtlich. Walter Laqueur verweist zurecht darauf, daß die Wende zum 20. Jahrhundert sehr viel stärker von terroristischen Akten geprägt war, als es heute der Fall ist. Siehe: Walter Laqueur, Postmodern Terrorism, in: Foreign Affairs, Sept./Oct. 1996, S.24-36.s

[13] Diese Entwicklung ist besonders in Afrika ausgeprägt. Siehe hierzu: Thierry Vircoulon, Au coeur des conflits, l'Etat, in: Afrique contemporaine, No.180 (1996), S.199-206 und A.C. Hills, a.a.O.

[14] A.C. Hills, a.a.O. S.338; Marc-Antoine Pérosse de Montclos, Faut-il supprimer les polices en Afrique?, in Le Monde Diplomatique, August 1997, S.2; für Thailand: Victor Mallet, Thai police bend rule of law, in: Financial Times 29.11.96, S.6.

[15] In der amerikanischen "inner city" bedeutet dies die Akzeptanz von "gang protection". Siehe u.a.: Sudhir Vankatesh, Les "gangs" de rue sur la sellette, Jeunes à la dérive dans les villes américaines, in: Le Monde Diplomatique, Mai 1994, S.14. Für kommunitäre Ansätze siehe: Astrid Mireya Téllez Ardila, Las milicias populares, Bogotá (Rodriguez Quito Ed.), 1995. Amitai Etzioni, der Prokurator des kommunitären Gedankens, scheint die Realität des staatlichen Rückzuges pragmatisch positiv wenden zu wollen. In einem neuen Buch tritt er für das Recht der "Selbstghettoisierung" aller sozialen Schichten ein. Was den Privilegierten Recht ist, muß den Marginalisierten billig sein. Zitiert nach der Besprechung: Community Watch, in: The Guardian, 28.6.97. S.21. Amitai Etzioni, The New Golden Rule: Community and Morality in a Democratic Society, Profile Books 1997.

[16] Siehe hierzu als ausgezeichnete Übersicht: Fritz Sack Hg., Privatisierung staatlicher Kontrolle: Befunde, Konzepte, Tendenzen, Baden-Baden (Nomos), 1995.

[17] Sehr kritisch hierzu: Nils Christie, Crime Control as Industry, London (Routledge) 1994 2nd Hierzu die ausgezeichnete Übersicht: Nicholas R. Fyfe, Policing the City, in: Urban Studies, Vol.32, Nos.4-5, 1995, S.759-778, bes. 767 ff.

[18] Hierzu die klassische Studie: Mike Davies, City of Quartz, London (Verso), 1990; sowie den facettenreichen Sammelband der die weitere Polarisierung in jüngster Zeit ausleuchtet: David Wilson Hg., Globalisation and the Changing U.S. City, in: The Annals, May 1997; und: Anton Landgraf, Politik und Verbrechen in Rio de Janeiro — Stadtentwicklung im Zeichen neoliberaler Ökonomie, in: iz3w, Dez.1996, S.35-37.

[19] Peter Waldmann, Arnold Riedmann, Lateinamerikanische Polizei — Das Beispiel Kolumbien, in: Zeitschrift für Lateinamerika (Wien) No.49, S.17-33, hier S.20. Für die Expansion der Teleüberwachung des öffentlichen Raumes in Frankreich belegt dies: Denis Hanot, Liberté télésurveillée, Paris (L'Harmattan) 1996.

[20] Siehe hierzu: Frédéric Ocqueteau, How Private Security Sector is Winning its Legitimacy in France?, in: Fritz Sack Hg. a.a.O., S.104-117.

[21] In Lateinamerika spricht man von "limpieza social (sozialer Säuberung)". Hierzu: Peter Waldmann, Arnold Riedmann, a.a.O. S.25.

[22] Besonders im Falle postkolonialer Staaten ist jeweils die Frage zu prüfen, ob das Gewaltmonopol des Staates überhaupt entfaltet war. Denn in einigen Fällen ist die gegenwärtige Krise des Staates eher eine Auflösung eines kleptokratischen Kartells als ein Zusammenbruch legitimer Staatsfunktionen, obwohl es als Staatsverfall wahrgenommen wird, Idealtypus wäre Zaire.

[23] Insbesondere die Hamburger Kriegsursachenforschung beharrt auf einer Anbindung an Staatlichkeit des Untersuchungsgegenstandes (Gantzel, Schwinghammer 1995 und das Protokoll einer Tagung der Gruppe im Jahre 1996). Daher ist der Global Survey von PIOOM (PIOOM 1995) mit seinem sehr viel breiteren Beobachtungsraster eher geeignet, die hier vermuteten Entwicklungen zu beobachten. Auch das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung verfolgt einen breiteren Ansatz und registriert 223 Konflikte zwischen 1989 und 1995.

[24] Die Rüstungsalimentierung im Kontext des Kalten Krieges war gelegentlich größer als die Militärbudgets. Ihr Wegfall ist weitgehend unabhängig vom Fall der Militärausgaben.

[25] In vielen Ländern z.B. werden die Streitkräfte für den Bau der Infrastruktur und deren Betrieb eingesetzt.

[26] Hierzu: A.E. Hills, The Policing of Fragmenting States, in: Low Intensity Conflict & Law Enforcement, Vol.5 No.3 Winter 1996, S. 334-354.

[27] Angesichts der deutlichen Abnahme von Entwicklungshilfe kommt dieser entwicklungspolitisch motivierten Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Empfängerstaaten allerdings kaum reale Bedeutung zu.

[28] Siehe hierzu: Detlef Nogala, Was ist eigentlich so privat an der Privatisierung sozialer Kontrolle?, in: Fritz Sack Hg., a.a.O. S.234-259.

[29] Siehe hierzu die Referate eines Workshops des Bundeskriminalamtes: Rüdiger Weiß, Monika Plate, Hg., Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, BKA-Forschungsreihe Nr.41, Wiesbaden 1995.

[30] Zur Entwicklung und Differenzierung der Privatisierung siehe: Fyfe a.a.O. S.767ff.

[31] Zur Kritik dieser Entwicklung siehe: Steven R. Donzinger Hg., The Real War on Crime, New York (Harper) 1995; sowie: Michael Massing, Crime and Drugs: The New Myths, in: The New York Review of Books, February 1, 1996, S.16-20.

[32] Richard B. Freeman, Why Do So Many Young American Men Commit Crimes and What Might We Do About It?, in: Journal of Economic Perspectives, Vol.10, No.1 Winter 1996, S.25-43, hier 39.

[33] In verschiedenen Staaten der USA, darunter Kalifornien, sind die Strafgesetze so verändert worden, daß als Folge des dritten Deliktes eine lebenslange Haftstrafe zwingend ist. Derartige Kriminalitätsbekämpfung schafft eine Kostenlawine, die im aktuellen populistischen Diskurs weitgehend negiert wird.

[34] Freeman, a.a.O. S.37.

[35] DiIulio, a.a.O. S.9.

[36] Siehe: James Brooke; With Jail Costs Rising, Arizona wants to Build Private Prison in Mexico, New York Times, 20.4.1997 S.18.

[37] Für die USA Berechnungen und Quellen bei: Freeman, a.a.O. S.30ff.

[38] DiIulio, Jr. a.a.O., S.4.

[39] Siehe die erschreckenden, zugleich aber sehr lückenhaften Daten über Arbeitslosigkeit von Jugendlichen in: ILO, Yearbook of Labour Statistics 1996, Geneva 1996. So sind in Indonesien 70 % der registrierten Arbeitslosen unter 25 Jahre.

[40] Dieser Strukturfehler des herrschenden Wirtschaftsmodells ist aus politischen Gründen besonders schlecht erfaßt. Es ist keineswegs etwa nur ein Mangel an Ausbildung, vielmehr haben gut ausgebildete und ausbildungslose Jugendliche in vielen Ländern gleichermaßen nur unzureichende Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt. Z.B. haben in Marokko 1/3 jeden Jahrgangs keine Chance auf einen regulären Arbeitsplatz. In sieben Jahren wächst so eine ausgeschlossene Alterskohorte von etwa 1 Mio. heran. Siehe: Roula Khalaf, Education for Unemployment, in: Financial Times, 12.7.1997, S.7.

[41] Eine ausgezeichnete Fallstudie dieses weitgehend vernachlässigten Faktors ist: Comi M. Toulabor, Jeunes, violence et démocratisation au Togo, in: Afrique contemporaine, Numéro spécial, L' Afrique face aux conflits, No.180 (1996), S.116-128.

[42] Bereits 1993 waren 7 % der afro-amerikanischen Männer über 18 Jahre im Gefängnis. Auf zwischen drei und vier afro-amerikanische Männer, die einer regulären Beschäftigung nachgehen, kommt ein Mann, der aufgrund von Strafhandlungen unter Justizaufsicht steht. (Freeman, a.a.O. S.26). 1996 saßen mehr Afro-Amerikaner (510 000) in Gefängnissen als Weisse (493 700) bei Verhältnis von gut 1:10 der Gesamtbevölkerung. Leslie Crawford, Jail numbers soar in US drive on drugs, in: Financial Times, 9/10.8.1997, S.3. Detaillierte Daten zum Ausschluß aufgrund der rassischen Zugehörigkeit siehe: Steven R. Donzinger Hg. a.a.O. S.99-129.

[43] Ein anschauliches Beispiel für den Zusammenhang von "Sicherheitsproduktion" zu hohen Kosten und Korruption bzw. Schmuggel bieten die hohen Außenzölle in Pakistan. Man schätzt, daß nur etwa die Hälfte der wirtschaftlichen Tätigkeiten in Pakistan in der legalen Sphäre stattfinden. Victor Mallet, Soap smugglers clean up at Lever Brothers' expense, in: Financial Times 2.5.1996, S.4.; sowie: Mark Nicholson, Scourge of Pakistan's manufacturers Smuggling is undermining the coutry's economy, in: Financial Times 5.8.1997, S.5.

[44] Das Sicherheitsdilemma für die pakistanische Regierung besteht darin, daß ohne gesicherte wirtschaftliche Entwicklung in Karachi (25 % der gesamten Steuereinnahmen entfallen auf Karachi), der Staat sich nicht finanzieren kann. Als Sicherheitsmaßnahme hat man über ein Jahr den Betrieb von Mobiltelephonnetzen untersagt, dennoch bleibt ein großer staatlicher Sicherheitsapparat weitgehend wirkungslos. Auf 25 000 Beschäftige wird die private Sicherheitsindustrie in Karachi geschätzt. Man rechnet gegenwärtig mit 20 % jährlicher Wachstumsrate. Siehe: Farhan Bokkari, Turmoil in Karachi threatens reforms Violence in Pakistan's business capital could hold back economic revival, in: Financial Times 4.8.1997, S.4; sowie: Anthony Davie, Karachi:Pakistan's political time-bomb, in Jane's Intelligence Review, July 1996, S.321-325.

[45] Die expansive Eigendynamik der Korruption hat die Tendenz, ihre Ressourcen zu erschöpfen. In Zaire scheint diese Situation eingetreten zu sein. Zur inhärenten Expansion von Korruption siehe: Alain Morice, Corruption, loi et societé: Quelques propositions, in: Revue Tiers Monde, Vol.XXXVI, No.141 (1995), S.41-65.

[46] Dieser Begriff soll deutlich machen, daß wirtschaftlicher Erfolg nicht durch unternehmerischen Aktivitäten auf dem Markt erreicht wird, vielmehr bestimmen politische Manipulation und Korruption über die Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums. In Albanien, Bosnien, Irak, Kenia, Kroatien, Palästina, russische Föderation, Serbien bestimmt dieser Typus "Politunternehmer" die gesamte Entwicklung. John T. Sidel verwendet in seiner Analyse Thailands und der Philippinen den Begriff 'bossism'. John T. Sidel, Siam and its Twin? Democratization and Bossism in Contemporary Thailand and Philippines, in: IDS-Bulletin Vol.27, No.2 April 1996, S.56-63. Diese Liste ist nur eine kleine Auswahl. und keineswegs vollständig.

[47] Harris-White and White beschreiben dies:"..., we discovered the rise of a 'new corruption ', rooted in the logic of economic and political liberalisation, reflecting the activity of rapacious local elites not longer subject to the domestic and international constraints of the Cold War era and increasingly pervaded by crimnal or 'mafioso' forces." Barbara Harris-White, Gordon White, Corruption, Liberalization and Democracy, in: IDS-Bulletin, Vol.27, No.2 April 1996, S.1-5, hier 4.

[48] Zur Rolle der ausländischen Söldner siehe: Jean-Marc Balencie, Arnauf de La Grange, Mondes rebelles, acteurs, conflits et vioence politiques, tome 1, Paris (Éditions Michalon) 1996, S.294-304. Zur Rolle des Kapitals aus den Grauzonen (thailändisches Fluchtkapital) siehe: Ed Shaffer, Fugitive banker financing African counter-coup, in: Vancouver Sun, 2.8.97 (aus: Isenberg, IDS-arms trade files).

[49] Die sog. freien Produktionszonen sind ein zunächst isolierter institutioneller Vorläufer der Segmentierung und Auflösung des souveränen Staates, der auf grundlegende Prärogative verzichtet.

[50] Eine beeindruckende Liste von Exportprodukten aus substaatlich kontrollierten Zonen in Bürgerkriegesländern in: Jean-Christophe Rufin, Les économies de guerre dans les conflits internes, in: Jean/Rufin Hg. a.a.O. S.19-59.

[51] Ohne diese weiche Stelle des internationalen Systems ist die Führung vieler interner Kriege nicht denkbar. Die Einnahmen der UNITA aus dem illegalen Export von Diamanten wird auf 500 mio. US $ im Jahre 1996 geschätzt. Vgl.: Al Venter, Mercenaries fuel next round in Angolan Civil War, in: Jane's International Defense Review, No.3 1996, S.63-65; Charles Taylor in Liberia ist ein weiteres Beispiel, siehe u.a.: Jean-Marc Balencie, Arnaud de La Grange Hg., a.a.O., S. 275-293.

[52] Folgende Firmen tauchen immer wieder in Meldungen über Militärhilfe, einschließlich Consulting, und Söldnerdienstleistungen auf: M.P.R.I. (USA), Executives Outcomes (Südafrika), Sandline International (Großbritannien), B.D.M. - Vinnell (USA), SAIC (USA), Booz-Allen & Hamilton (USA), O'Gara Protective Services (USA), DynCorp (USA), Betac (USA). Zu den Staaten in denen diese Unternehmen tätig sind gehören Saudi Arabien, Haiti, Peru, Kolumbien, Sierra Leone, Angola, Liberia, Kroatien, Bosnien, Papua Neu-Guinea. Siehe u.a.: Ken Silverstein, Privatizing War: How affairs of state are outsourced to corporations beyond public control, in: CounterPunch o.J. (aus "arms trade data base" des CDI (Washington D.C.).

[53] Die Entwicklung in Angola kann man als Vorläufer einer sich ausbreitenden Entwicklung begreifen. Hierzu: Al. J. Venter, a.a.O.

[54] Hierzu das Zeit-Dossier vom 17.1997 in: Die Zeit, Nr.4, S.11.

[55] Dieses Unternehmen spielte eine undurchsichtige Rolle bei dem "ausgebremsten" Versuch, in Papua-Neuguinea Anfang des Jahres eine bereits lange anhaltende Rebellion mit Hilfe einer Söldnertruppe niederzuschlagen.

[56] Insbesondere Herb Howe von der George Washington University vertritt diese Position. Vortrag auf einem Seminar von Amnesty International in London, Juni 1997. Bezogen auf Söldner siehe: Enrique Ballesteros, Special Rapporteur to the Commission on Human Rights, Report on March 13, 1997 (document E/CN.4/1997/24).

[57] Siehe: Donald G. McNeil Jr., Pocketing the Wages of War, in: New York Times 16.2.1997; sowie das Manuskript einer Sendung von Radio National (Kanada) vom 6.4.1997 über die finanziellen Verbindungen dubioser Bergbauunternehmen in Kanada mit Söldneraktionen in Afrika und Asien.

[58] David Keen, Organised chaos: not the new world we ordered, in: The World Today, Vol. 52, No.1, January 1996, S.14-17.

[59] Siehe hierzu die regelmäßige Berichterstattung von Michaela Wrong in der Financial Times und Fréderic Fritscher in Le Monde, bes.: Abandonnée et défaite, l' armee est le principal facteur d' insecurité au Zaire, LeM. 21.12.1996 S.4.

[60] Hierzu: Howard W. French, In Zaire's Unconventional War, Serbs Train Refugees for Combat, in: New York Times, 12.2.1997.

[61] Z.B. in den Philippinen: Edwar Luce, Manila cracks down on military crime, in: Financial Times 5.10.1995, S.5.

[62] Eine Liste der Länder, in denen sich das Militär in den letzten zehn Jahren ökonomisch verselbständigt hat, ist sehr lang. Eine systematische Ausleuchtung dieser Entwicklung scheint bislang nicht erfolgt zu sein. Detailliert berichtet wurde über die Pfründe und Wirtschaftsimperien in der Financial Times und dem Far Eastern Economic Review in den drei vergangenen Jahren über folgende Länder: Chile, China, Cuba, Ecuador, Indonesien, Kambodscha, Laos, Miramar, Taiwan, Thailand, Türkei, Vietnam.

[63] Zum Niveau der Gewalttätigkeit in Zentralamerika nach dem formalen Ende der Kriege siehe: Johanna Tuckman, Criminals take up soldiers' arms, in: Financial Times 27.9.1996, S.6; zu El Salvador siehe: Eva Karnofsky, El Salvador: Der Bürgerkrieg ist vorbei, die Gewalt bleibt, in: Südd. Zeitung 31.7.1996, S.3.

[64] People against gangsterism and drugs (PAGAD). Siehe: Frédéric Chambon, En Afrique du Sud, un groupe d'autodéfense musulman veut se substituer à la police, in: Le Monde 23.9.1996; Robert von Lucius, Hier sind wir alle Ganster, in: FAZ 21.9.1996; Roger Mathews, Death and Drugs in the Cape, in: Financial Times 11.81996, S.8.

[65] Vincent Boland, Earnings from organised crime reach $ 1,000 bn, in : Financial Times 14.2.1997, S.1.

[66] Eine sehr präzise Darstellung in: American Gangs There are no children here, in: The Economist, 17.12.1994, S.21-24; sowie: Christopher Parkes, LA's gang epidemic spreads overseas, Financial Times 28.4.1997, S.7. Dieser Artikel erläutert u.a. den fatalen Transfer von "gang know how" von Los Angeles nach El Salvador durch Remigration.

[67] Die Vereinigten Staaten und Rußland haben die höchsten Raten (ohne China) an Gefängnisinsassen zur Gesamtbevölkerung. Im Falle der USA haben Afro-Amerikaner und Hispano-Amerikaner eine vielfach höhere Wahrscheinlichkeit zur Gefängnisbevölkerung zu gehören. Siehe: Leslie Crawford, a.a.O. S.3 und: Rush to Punishment, in: The Internationalist (Canada), August 1996, S.7-28, hier S.11 (Zahlen für Rußland in Interview mit Nils Christie).

[68] Umfassend zur politischen Ökonomie der Drogen siehe: Oberservatoire géopolitique des drogues, Atlas mondial des drogues, Paris (PUF) 1996.

[69] Zur Drogenpolitik, besonders der Legalisierung, siehe: Artikelserie von Martin Wolf in: Financial Times 22.8.1997ff.

[70] Am Beispiel des Offshore Banking siehe hierzu: Mark P. Hampton, Where Currents Meet: The Offshore Interface Between Corruption, Offshore Finance Centres and Economic Development, in: IDS Bulletin, Vo.27, No.2 (1996), S.78-86.

[71] Hierzu grundlegend: Robert J. Spitzer, The Politics of Gun Control, Chatham 1995.

[72] In der entwicklungspolitischen Diskussion hat der Begriff informeller Sektor lange Zeit den analytischen Blick für die wachsende Bedeutung krimineller Zirkulationssphären verstellt.